Findet ihr nicht auch, dass Brunnen etwas Faszinierendes an sich haben? Klar, die Logik gebietet, dass da unten im Prinzip nur die angestauten Vorräte einer Wasserader lauern, aber wenn man das nicht selbst sieht, beflügelt dieses Unbekannte doch irgendwie die Vorstellungskraft. Während man im echten Leben jetzt nicht unbedingt in das dunkle Loch hüpfen sollte, wagt sich der Spielercharakter von Downwell todesmutig dort hin, wo die Vernunft keine Heimat mehr hat. Dies jedoch mit angemessener Vorbereitung, schließlich kann da unten ja alles sein. Zum Beispiel auch das Rezept für ein ungemein fesselndes Spiel, das sowohl für längere Partien am Stück als auch für kurze Runden zwischendurch an die Konsole fesselt.
Abwärts! Das Spielziel von Downwell ist schnell erklärt: Ihr wollt nach unten. Ganz unten. Warum? Das verrät euch keiner. Vielleicht ist es Abenteuerlust, vielleicht ein Auftrag. Wenn ihr das herausfinden möchtet, müsst ihr unten ankommen. Doch der Weg dahin ist aus vielerlei Gründen steinig. Allein schon der ganzen Steine wegen, die als Plattformen dienen können oder euch den weiteren Abstieg versperren. Genau dafür ist unser kleiner Held jedoch gerüstet: An seinen Stiefeln sind nämlich Energiekanonen angebracht, mit denen er im Segelflug schnurgerade nach unten feuern kann. So werden störende Steine ganz einfach weggepustet. Es gibt aber auch unfreundliche Kreaturen in den Tiefen des Brunnens, die sich ebenfalls mit gezielten Schüssen ausschalten lassen. Die Munition ist jedoch begrenzt und lädt sich nur dann wieder schlagartig auf, sobald der Brunnentaucher mit beiden Füßen auf dem Boden steht – wobei die Raketenstiefel jetzt keine Unterscheidung zwischen „tatsächliche, nicht-lebendige Oberfläche“ und „Schädeldecke einer Kreatur“ macht. Ihr könnt also beispielsweise auch bestimmte Feinde als Trittsteine benutzen, um eure Energie so wieder aufzuladen. Alles, worauf ihr besser nicht eure Füße platzieren solltet, ist zum Glück farblich klar markiert und schnell einzuordnen. Somit wird selbst beim schnellen Fall stets inständig klar, wo ihr sicher seid und wo ihr vielleicht erst einmal die Landezone freiballern solltet.
Ist das schon alles? Tatsächlich beinahe schon, ja. Um den Abstieg in die Katakomben von Partie zu Partie aufzulockern, gibt es natürlich noch ein paar Zufallsfaktoren. So werden die Ebenen des Brunnens bei jedem Anlauf neu generiert und selbst die alternativen Waffen wie Laser oder Brecher-Geschoss munter durchgemischt. Ferner kann nach Bewältigung eines Abschnitts eines von standardmäßig drei Upgrades ausgewählt werden, mit dem ihr euch die folgende Reise erleichtert – beispielsweise, indem durch Sprungangriffe ausgeschaltete Gegner mit einer gewaltigen Explosion aus dem Leben dahinscheiden. Unterwegs gesammelte Edelsteine lassen sich zudem bei unregelmäßig auftretenden Händlern in Gesundheits- und Munitions-Booster stecken. Letztenendes sind diese Dinge jedoch nur kleine Hilfen auf eurem Weg zum Boden. Tatsächlich entscheidet hier mehr euer eigenes Geschick und gerade auf tieferen Ebenen gutes Stress-Management über Sieg oder Ableben. Und segnet ihr mal das Zeitliche, geht es gnadenlos zurück zum Anfang. Da eine durchschnittliche Partie jedoch aufgrund des hohen Tempos und der kompakten Level nur wenige Minuten in Anspruch nimmt, frustriert dies praktisch nie. Eher fühlt man sich dazu angestachelt, seine Erkenntnisse mit in die nächste Runde zu nehmen und beim neuen Anlauf dann vielleicht endlich eine Ebene tiefer zu gelangen – zumindest bis man ganz unten angelangt ist.
Dabei sein ist alles Eure Erfolge verpuffen jedoch nicht komplett, wenn ihr wieder zum Startareal zurückgeschubst werdet. Neben diversen Ranglisten für Gegnerbeseitigungs-Kombos und Abschlusszeiten führt das Spiel über ein internes Achievement-System Buch über eure Fortschritte und zählt zudem sämtliche aufgelesenen Edelsteine zusammen, die bei bestimmten Meilensteinen maßgeblich rein kosmetische Farbpaletten für den minimalistischen Look des Titels freischalten. So könnt ihr Downwell etwa im Stil eines klassischen Grünstufen-Game-Boys genießen oder euch vom Virtual-Boy-Look die Augen rot versengen lassen. Hin und wieder ist jedoch auch ein anderer Spielstil dabei, der minimale Auswirkungen auf euren Lauf hat – etwa indem die Anzahl der möglichen Upgrades pro Stufenabschnitt im Tausch für zwei zusätzliche Lebenspunkte reduziert wird. Ebenfalls cool: Da das Spiel lediglich auf einer schmalen Spielfläche stattfindet, könnt ihr optional auch einen Hochkant-Modus einschalten und es so entweder mit losgelösten oder angesteckten Joy-Cons genießen.
Fazit: Downwell reiht sich durch seine prozedural generierten Stufen, bei jedem Anlauf durchgemischten Power-Ups und das einzige Leben pro Versuch im Prinzip in die lange Liste an Roguelikes der Moderne ein. Tatsächlich fühlt es sich für mich aber eher wie ein alter Klassiker aus Spielhallen-Tagen an, den man in der Moderne ausgegraben und für moderne Systeme fit gemacht hat. Und das soll beim besten Willen keine Beleidigung sein! Vielmehr fesselt Downwell durch sein simples, schnell erlerntes Spielprinzip mit einprägsamen Mustern, das man dann im Laufe unzähliger Versuche zu meistern versucht. Dabei bleibt das Spiel stets fair und gibt euch durch die leichte Verlangsamung nach einem Treffer sogar die Chance, unterlaufende Fehler nicht ins Fatale abdriften zu lassen. Da die Partien auch noch recht kompakt und flott sind, erwische ich mich ständig dabei, wie ich Downwell eigentlich nur für eine kurze Runde einlegen wollte, nur um dann Versuch an Versuch ranzuhängen. Wenn euer Herz auch nur ansatzweise für arcadige Action-Spiele mit einem minimalistischen und doch modernen Touch schlägt, solltet ihr euch die Tiefen dieses Brunnens unbedingt genauer anschauen.
Auf der Suche nach Wasser: Tjark Michael Wewetzer [Alanar] für PlanetSwitch.de
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Kurzweiliges Indie-Kleinod, das durch sein bestechendes Spielprinzip an die Konsole fesselt.