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Xenoblade Chronicles 2

Review: Xenoblade Chronicles 2

Tjark Michael Wewetzer, 30.11.2017

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Mit liebenswürdigen Helden, reichlich Spielstoff und nicht zuletzt einer riesigen, auf Nintendo-Plattform eher selten dermaßen weitläufigen Welt überraschte vor mittlerweile sechs Jahren das erste Xenoblade Chronicles auf der Wii. Es wurde als erfrischende Abwechslung vom allgemeinen Japano-Rollenspiel-Trott gefeiert und landete sogar als erstes, großes Zugpferd auf dem New 3DS (zum Test). Über den gemischt aufgefassten Wii U-Nachfolger mit dem Anhängsel X hülle ich an dieser Stelle den Mantel des Schweigens und widme mich stattdessen eher dem, was wir nun auf der Switch willkommen heißen dürfen: Einen richtigen, zweiten Teil, der auf dem Fundament des Vorgängers aufbaut, sich aber doch wie ein völlig eigenständiges, neues Spiel im selben Stil anfühlt. Dass das trotz einiger alter wie neuer Schwächen noch immer Stoff für ein hervorragendes Erlebnis bietet, das zeige ich euch in diesem Testbericht.

Aller Anfang ist träge
Unser Held stammt wieder einmal aus einfachen Verhältnissen: Jüngling Rex verdingt sich als Bergungstaucher und geht diesem Beruf vom Rücken seines Großvaters aus nach. Besagter (Zieh-)Opa ist nämlich einer der langsam aussterbenden Titanen der Welt Alrest, auf denen die verschiedenen kleineren Völker leben. Bei einem lukrativen Bergungsauftrag stolpert Rex jedoch über einen besonderen Schatz, der sein ganzes Leben aus der Bahn wirft: Eine legendäre Klinge, die im Volksmund Aegis genannt wird und sich namentlich als Pyra vorstellt. Mit „Klinge“ ist hier übrigens nicht unbedingt eine Schneidwaffe gemeint – der Begriff bezeichnet besondere Lebewesen, die die Waffen ihrer so genannten Meister stärken können. Pyra gehört dabei zu den wohl mächtigsten Exemplaren von Alrest, weswegen nun gefühlt die ganze Welt hinter Rex her ist – inklusive seiner einstigen Auftragsgeber, denn der Held mit den luftigen Hosen hat nicht vor, die Klingen-Dame einfach so auszuhändigen. Unter anderem deswegen, weil sie ein gemeinsames Ziel haben: Das sagenumwobene Elysium, das hoch oben im Weltenbaum verborgen sein soll. Eine lange Verfolgungsjagd beginnt, bei der nicht nur diverse Titanen erkundet werden, sondern auch die Geheimnisse der Aegis sowie die Beweggründe aller an ihr interessierten Fraktionen ergründet werden. Und wie ihr euch genregemäß denken könnt, seid ihr bis zum Abschluss dieser Reise eine ganze Weile beschäftigt!

Leider fühlt sich der Start des Abenteuers eher behäbig an, was mitunter auch am eingeschränkten Aktionsspielraum während der ersten fünf bis sieben Spielstunden liegt. Die Gefechte gegen die frei in den Gebieten umherstreunenden Kreaturen und Kontrahenten laufen nach einem MMO-artigen Muster ab, bei dem euer gesteuerter Charakter in festen Intervallen Standardangriffe ausführt. Bis die ersten Levelaufstiege getätigt sind, ist das alles, was Rex zu Beginn tun kann und da man für die Auto-Attacken auch noch mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehen muss, fühlt sich das Kampfsystem so deutlich träger an, als man es von den Vorgängern gewohnt ist. Glücklicherweise wendet sich das Blatt, sobald Pyra den Bergungstaucher begleitet und schon bald folgende, weitere Gruppenmitglieder eröffnen langsam das volle, wenngleich noch immer etwas behäbige Potenzial der Kämpfe. Dann könnt ihr bis zu drei aktive Fähigkeiten über eure Schnelltasten ausüben, sofern sie durch vorherige Normalo-Attacken aufgeladen wurden. Die Skills sind dabei von der ausgerüsteten Waffenkategorie abhängig – und hier kommt der Clou ins Spiel: Ihr seid nämlich nicht nur an eine Klinge gebunden, sondern könnt im weiteren Spielverlauf bis zu drei gleichzeitig ausrüsten, zwischen denen sich mit dem Steuerkreuz wechseln lässt. Da beim Einwechseln auch gleich alle Aktionen der Klinge ohne Abklingzeit zur Verfügung stehen, lohnt sich ein regelmäßiger Wechsel.

Das ist aber nicht der einzige Grund, weswegen sich der Tanz mit mehreren Partnern als vorteilhaft erweist. Elementar-Affinitäten und die Klingenklasse spielen bei der Wahl ebenfalls eine Rolle – gerade wenn man mit mächtigen Kettenangriffen für richtig Schmerzen sorgen möchte. Überhaupt scheint Xenoblade 2 im Kern viel auf Move-Synergien und Kombos setzen zu wollen, was sich auch an den ziemlich standhaften Otto-Normal-Gegnern zeigt. Wer diese mit einfachen Attacken umhauen möchte, kloppt sich selbst an Monstern, die fünf Level unter einem selbst liegen, gerne mal einen Wolf. Und das wohlgemerkt mit einer vollen Truppe bestehend aus drei Charakteren! Mit den richtigen Angriffskombos lässt sich die Kampfzeit zwar drastisch verkürzen, nur bietet sich da primär gerade mal eine Status-Kette an, für die eure KI-Kameraden auch noch mitspielen müssen. Und da ihr euren Gefährten bis auf einen Fokus-Order und die Ausführung ihrer Superangriffe keinerlei Befehle erteilen könnt, fällt dies beizeiten ziemlich frustig aus. Auch ein paar alte Schwächen aus dem ersten Xenoblade wurden bei den Gruppenmitgliedern übernommen: So stehen sie beispielsweise immer noch zu gerne in tödlichen Substanzen, anstatt den Gegner davon wegzulocken. Diesen Job könnt ihr immerhin vor Kampfantritt selbst übernehmen, indem ihr einen Kieselstein auf euer Opfer werft. Und wo wir schon bei Altlasten sind: Das Umschalten zwischen mehreren Zielen läuft ebenfalls wieder eher mittelprächtig. Da dies dieses Mal auch noch über eine nicht immer sofort reagierende Tastenkombination läuft, kommt bei größeren Feindgruppen sogar noch ein Stück mehr Frust auf. Es ist mir mehr als einmal vorgekommen, dass ich meinen aufgesparten Spezialangriff an einem Gegner verschwendet habe, den ich gar nicht damit aufs Korn nehmen wollte. Ärgerlich!

Sightseeing in Alrest
Also nein, die Kämpfe von Xenoblade 2 sind trotz einiger guter Ansätze definitiv nicht das Highlight des Spiels. Ganz anders sieht es bei der Spielwelt an sich aus. Zwar fühlt sich keiner der Titanen von Alrest wirklich so weitläufig an, wie es der Bionis im ersten Spiel der Reihe tat, doch es gibt immer noch mächtig viel zu bestaunen. Allein schon die Ebenen von Gormott bieten so viele versteckte Winkel und Kreaturen von beiden Enden des Level-Spektrums, um euch gleichermaßen Bewunderung zu entlocken sowie Respekt einzuflößen. Wer sich den zahlreichen Nebenaufgaben des Spiels widmet, kommt hier auch definitiv ganz groß herum und lernt die Gegenden mit der Zeit äußerst gut kennen. Dank zahlreicher Orientierungspunkte kann man sich sogar ziemlich gut ohne Karte zurechtfinden – was auch ganz gut so ist, denn eine schnell aufrufbare Komplettkarte gibt es hier leider nicht. Stattdessen muss sie umständlich über das Schnellreise-Menü aufgerufen werden, das gefühlt zu viele Klicks benötigt. Die Sidequests selbst geben sich dabei vom Gameplay her eher klassisch und verlassen sich primär auf einfache Liefer- oder Monstertötungsaufgaben. Es ist jedoch die Aufmachung, die den Unterschied ausmacht: Vermeintlich kleine Missionen können sich schnell als größeres Vorhaben herausstellen. Da wird aus einer simplen Liefer-Bitte schon mal ein Mordfall. Die an sich nett gemeinten, atmosphärischen Kommentare eurer Gruppenmitglieder hätte sich Monolith Soft jedoch sparen können. Denn wenn die Klingenpartnerin vom Nopon-Tüftler Tora sich zum zwanzigsten Mal über einen stillen Moment wundert, nur um darüber aufgeklärt zu werden, dass da noch etwas kommt, wird das einfach nur noch mühselig.

Erfolge bei Nebenaufgaben und die Unterstützung des lokalen Handels sorgen dafür, dass eure Verbundenheit mit den Bewohnern der Titanen erhöht wird – und das bringt als Lohn neue Gegenstände in den Sortimenten der Händler. Damit einher gehen aber auch lukrative Söldneraufträge, die speziell für eure Klingenpartner sind. Ihr könnt nämlich theoretisch beliebig viele Klingen an eure Charaktere binden, nur warten eben alle bis auf drei auf der Ersatzbank. Statt sie da den lieben langen Tag Trübsal blasen zu lassen, könnt ihr sie im Laufe des Spiels auf Söldnermissionen schicken, die allesamt eine gewisse Zeitspanne beanspruchen und mit Gegenständen, Erfahrungspunkten sowie Gold locken. Auf diese Weise werden eure inaktiven Klingen auch direkt trainiert, sodass ihr euch ein gut ausgebildetes Team warmhalten könnt. Das ist ideal für Situationen, bei denen ihr mal bestimmte Erkundungsfähigkeiten auf einem relativ hohen Level benötigt. Dummerweise ist der Klingenerhalt eine vom Zufall abhängige Angelegenheit. Im Spielverlauf erbeutete Kernkristalle, von denen ihr mehr als genug zugesteckt bekommt, dienen dabei quasi als Lottoticket und spucken entweder eine generische Klinge mit simplem Roboter-Design oder im seltenen Fall eine einzigartige, seltene Klinge mit besonderem Design aus. An sich eine nette Idee, nur wird auch dies ärgerlich, wenn ihr partout nicht die Art Klinge erhaltet, die ihr gerade benötigt. Immerhin sind zumindest die Hauptquests und auch einige Nebenaufgaben so gestaltet, dass ihr selbst mit mangelhaftem Würfelglück noch irgendwie weiterkommt. Wenn ihr beispielsweise an einer Stelle bestimmte Klingen-Fähigkeiten benötigt, über diese jedoch nicht verfügt, gibt es nicht selten eine Option, um diesen direkten Weg zu umgehen. Ein löblicher Kompromiss, der den Spielfluss fördert!

Filmreife Action mit E-Klasse-Vertonung
Und das ist auch gut so, denn neben der Erkundung sind es eben die Fortschrittsmomente, die einen durch Xenoblade 2 treiben. Das verdankt das Spiel den wunderbar in Szene gesetzten Zwischensequenzen, die gerade in actionreichen Momenten so richtig aufdrehen. Speziell die Kapitelenden haben es mir besonders angetan und mich stets direkt zum Weiterspielen angestachelt. Visuell ist das Rollenspiel ohnehin ziemlich beeindrucken – wenn auch eventuell mehr auf einer stilistischen Ebene als auf der technischen. Über das Charakterdesign kann man natürlich streiten, doch die Umgebungen sind bildhübsch modelliert und die Figuren zumindest äußerst detailliert. Je nachdem, wo ihr euch gerade befindet und wie ihr Xenoblade 2 spielt, kann das Bild aber auch schon mal etwas verwaschen werden. Gerade im Handheld-Modus müsst ihr euch auf die, um es freundlich auszudrücken, äußerst flexible Bildschärfe einstellen. Immerhin bleibt die Bildrate weitestgehend stabil, wenn nicht gerade größte Effektgewitter in weitläufigen, detaillierten Bereichen abgefeuert werden. Was hingegen definitiv auf keine Kuhhaut geht, ist die englische Vertonung des Spiels. Nun bin ich eigentlich ziemlich schmerzbefreit, wenn es um lokalisierte Tonspuren geht, doch was hier geboten wird, ist teilweise unterste Schublade. Immer wieder finden sich Szenen, bei denen das Gesprochene vom Ton her überhaupt nicht zu den Geschehnissen passt. Etwa wenn Protagonist Rex ziemlich locker und normal plaudert, obwohl er gerade im Schweiße seines Angesichts reichlich harte Schläge pariert. So schön es auch ist, wieder eine breite Auswahl britischer Akzente zu hören, ist hier wohl bei der Regie irgendwas schiefgelaufen. Immerhin soll zum Launch der japanische O-Ton als kostenloser Download zur Verfügung stehen, in meinem Test konnte ich darauf jedoch nicht zugreifen. Doch selbst dann glaube ich, dass die ständigen Kampfschreie von Freund und gelegentlich auch Feind kein Stück erträglicher werden. Die Kakophonie aus „THINK YOU CAN TAKE ME?!“ hat sich jedenfalls unrettbar in meinen Gehörgang gebrannt. Zum Glück lässt sich das Kampfgeplapper separat abschalten, denn die Sprachsamples ertränken auch den wirklich famosen Soundtrack des Spiels, der sich ohne jeden Zweifel hören lassen kann und das Abenteuer-Feeling gekonnt unterstreicht.

Fazit:
Ich möchte euch nichts vormachen: Eingangs wurde ich mit Xenoblade Chronicles 2 nicht so recht warm. Die ersten fünf Stunden zogen sich wie Kaugummi, der limitierte Handlungsspielraum im Kampf war ein Garant für Langeweile und auch die Handlung wirkt zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht sonderlich spannend. Aber sobald die Gruppe erst einmal drei Köpfe zählt, kommen die Geschehnisse langsam ins Rollen und dann zeigt der Titel auch, warum er trotz einiger Schwachpunkte das Zeug zum großen RPG-Highlight hat. Die Story gibt sich trotz einiger klischeehafter Grundsteine äußerst abwechslungsreich und bietet so einige Überraschungen, das eingangs träge Kampfsystem wird mit der Zeit zumindest spürbar unterhaltsamer und in der malerischen Welt von Alrest kann man sich einfach wunderbar verlieren. Trotz meiner allgemeinen Aversion gegen unsinnige Nebenaufgaben habe ich auf meiner Tour sogar zahlreiche Sidequests erledigt und bin dabei gerne mal positiv überrascht worden. Und so mittelmäßig bis mieserabel die englische Vertonung auch wirkt, so kann ich nicht leugnen, bei jeder größeren Szene oder dramatischen Wendung gebannt vor der Konsole gesessen zu haben. Nicht zuletzt ist die musikalische Untermalung mal wieder aller erste Sahne. Wenn ihr bei dem Gedanken eines Solo-MMORPGs keinen Hautausschlag kriegt, mit dem etwas trägen Kampfsystem klarkommen solltet und ihr noch etwas Geduld für die Einstiegsphase mitbringt, dann ist Xenoblade Chonicles 2 auf jeden Fall eines der großen Rollenspiele des Jahres.

Titanenwanderer: Tjark Michael Wewetzer [Alanar] für PlanetSwitch.de

Vielen Dank an Nintendo für die freundliche Bereitstellung des Reviewcodes.

Leserwertung:

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Ein einmaliges Rollenspielerlebnis, bei dem es viel zu entdecken gibt – wenn man den langsamen Einstieg hinter sich gebracht hat.

Wertung

STORY:

8.0

SPIELWELT:

9.0

KAMPFSYSTEM:

7.0
80
von 100

Facettenreiche Handlung

Malerische Umgebungen

Reichlich Nebenaufgaben

Vielfältige Klingen-Partner

Einige Quests mit mehreren Lösungsansätzen

Mitreißende Zwischensequenzen

Großartiger Soundtrack

Zäher Einstieg

Träges Kampfsystem…

…mit Gegnern, die viel zu viel aushalten

Unkomfortables Schnellreise-Menü

Im Handheld-Modus häufig verwaschenes Bild

Lachhafte englische Vertonung

Wie werten wir?

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Spielname:
Xenoblade Chronicles 2

Typ:
Switch-Spiel

Jetzt Bestellen:
Zum Shop
Publisher:
Nintendo

Developer:
Monolith Soft

Genre:
Rollenspiel

Release:
01.12.2017 (erschienen)

Multiplayer:
nicht vorhanden

Altersfreigabe:
Frei ab 12 Jahre

eShop Preis:
59,99 €

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