Review:
Hyrule Warriors: Zeit der Verheerung
Dass angesichts des großen Erfolgs von Hyrule Warriors sowie zweier erweiterter Portierungen irgendwann ein zweites Spiel folgen würde, war absehbar. Dass dieses jedoch auch die Funktion einer Vorgeschichte für The Legend of Zelda: Breath of the Wild erfüllen soll, dürfte wohl niemand auf dem Schirm gehabt haben. Doch unsinnig ist die Idee nicht, lassen sich doch die aussichtslosen Schlachten gegen die Heerscharen von Monstern unter dem Banner der drohenden Verheerung Ganon perfekt im Warriors-Stil umsetzen. Nicht zuletzt machten die wenigen Einblicke ins alte Hyrule, die man bei Breath of the Wild, ohne jeden Zweifel neugierig auf mehr. Ob Hyrule Warriors: Zeit der Verheerung sowohl Fans des effektvollen Schlachtenschlagens als auch Kundschaftler des Open-World-Hyrules zufriedenstellen kann, verrate ich euch im folgenden Test!
Der Anfang vom Ende
Die Ausgangslage kennt jeder Breath of the Wild-Spieler: Eine formslose, finstere Kraft namens Verheerung Ganon soll einer Prophezeiung zufolge Hyrule heimsuchen und die Monstervölker des Landes werden bereits entsprechend unruhig und aggressiv. Für König Rhoam ist die Lage klar: Es müssen angemessene Vorbereitungen getroffen werden! Dazu benötigt es die Macht der Titanen Hyrules sowie geeignete Piloten, die ihr in der Rolle von Prinzessin Zelda, Leibwache Impa sowie dem jungen Ritter Link ausfindig macht. Ein paar neue Details finden sich dennoch, denn noch bevor die Ereignisse ins Rollen geraten, betitt ein mysteriöser, eiförmiger Wächter-Roboter die Bildfläche, der augenscheinlich die Zukunft kennt und Zeldas Trupp zu warnen versucht. In der Hoffnung, das zum Fall verdammte Königreich zu retten, zieht das Team also los. Die Story fällt dabei Warriors-typisch weder sonderlich umfangreich noch wirklich tiefgründig aus. Vielmehr sieht man eigentlich recht wenig aus der Welt vor dem Untergang Hyrules, weil sich die Handlung maßgeblich auf den Konflikt mit der anrollenden Verheerung Ganon konzentriert. Selbst die Anzahl tragender Charaktere bleibt das ganze Spiel hinweg überschaubar. Trotzdem wissen gewisse Momente zweifelsohne zu berühren – gerade den kleinen Wächter habe ich in Windeseile ins Herz geschlossen.
Von der offenen Spielwelt von Breath of the Wild bleibt logischerweise – und glücklicherweise, wenn man sich Dynasty Warriors 9 anschaut – hier nicht viel übrig. Stattdessen hangelt man sich schlichtweg von Mission zu Mission in reguläre, in sich geschlossene Level, die entweder über eine Karte von Hyrule oder ein Auswahl-Menü ausgewählt werden. Besagte Karte wird dabei im Spielverlauf übrigens ziemlich unübersichtlicht: Nicht nur große Schlüsselschlachten finden sich hier, sondern auch die zahlreichen Nebenmissionen sowie jede einzelne als Lieferquest getarnte Upgrade-Möglichkeit oder Shop-Erweiterung wird mit einem Marker auf der Landkarte aufgezeigt. Da jeder abgeschlossene Handlungsabschnitt und zusätzlicher Charakter gerne mal vier oder mehr solcher Punkte ergänzt, könnt ihr euch sicherlich ausmalen, wie zugeschüttet das Bild im Endgame wirkt. Immerhin gibt es für jede Kategorie – also Geschäfte, Nebenaufträge, Lieferungen und Story-Level – jeweils eine eigene übersichtliche Liste, durch die beispielsweise das gezielte Heraussuchen bestimmter Kämpfer-Aufwertungen bedeutend erleichtert wird. Besser noch: Wollt ihr eine bestimmte Sammelaufgabe erfüllen, könnt ihr sie auf eine freischaltbare Merkliste setzen und euch so auf der Karte anzeigen lassen, welche Missionen die benötigten Materialien beherbergen. Praktisch, wo es doch manch Gegenstände nur in ganz wenigen Schlachten gibt.
Eine Karte für alle Fälle
Einmal auf dem Schlachtfeld angekommen, läuft alles wieder so ab, wie man es von den Warriors-Spielen kennt. Jede Mission folgt dabei einem bestimmten Ablauf und ihr sollt weitestgehend linear eure jeweiligen Auftragsziele erfüllen. Das kann das Erobern bestimmter Stützpunkte oder Ausschalten gewisser Generäle sein, aber auch die Eskorte von Verbündeten oder Halten von Schlüsselpositionen stehen auf dem Programm. Gerade die Story-Level bieten dabei einiges an Abwechslung und halten euch mit stetig ändernden Bedingungen auf Trab. Auffällig ist hierbei jedoch, dass anders als bei beispielsweise Fire Emblem Warriors oder gar dem ersten Hyrule Warriors nur selten ein eigenes Hauptquartier zu vetreidigen ist – stattdessen steht und fällt euer Auftrag mit dem Überleben eures aktiven Spielercharakters. Dadurch wird Zeit der Verheerung auf der von mir gespielten normalen Schwierigkeitsstufe vergleichsweise einfach. Im letzten Teil des Abenteuers zieht der Härtegrad allerdings erwartungsgemäß noch einmal ein wenig an, auch wenn dank fair gesetzter Checkpoints nur die wenigsten Gefechte wirklich frustrierend ausfallen. Letzteres ist besonders dankenswert, da die Level gerade in der zweiten Hälfte des Spiels gerne mal 20 bis 30 Minuten in Anspruch nehmen können.
Wer den kleinen Kampfkick für zwischendurch sucht oder unterwegs eine schnelle Runde einlegen möchte, ist bei den Nebenmissionen am besten aufgehoben. Die ersetzen im Prinzip den Abenteuer-Modus des ersten Hyrule Warriors und bieten kompaktere Karten mit einfacher strukturierten Zielen. So gibt es für jeden spielbaren Charakter etwa Trainings-Missionen, die neue Upgrade-Optionen freischalten, oder ihr vertieft eure Kenntnisse im Umgang mit Element-Eigenschaften und den Fähigkeiten des Shiekah-Steins. Jeder Kämpfer kann nämlich auf die vier aus Breath of the Wild bekannten Gebrauchsmodule zurückgreifen und so Eisblöcke erschaffen, Waffen und Blöcke per Magnetkraft umherschleudern, Bomben verwenden oder Feinde kurzzeitig in Stase halten. Gegnerische Generäle und Bosse reagieren dabei unter bestimmten Bedingungen sogar allergisch auf die Modulkräfte und lassen sich durch einen geschickten Konter mit der passenden Fähigkeit kurzzeitig gefahrlos malträtieren.
Timing ist alles
Ohnehin fühlen sich die direkten Konfrontationen mit den einzig wirklich gefährlichen Gegnern auf den Schlachtfeldern insgesamt taktischer an. Ganz wie im ersten Hyrule Warriors verfügt jeder anpeilbare Gegner mit Namen über dem Kopf über eine Schwachpunkt-Anzeige, die entweder durch Konter, den richtigen Elementar-Angriff oder den aus Breath of the Wild bekannten Attackenhagel leeren lässt. Da viele Kommandanten sich bereits nach einer einzigen Leerung vom Bild fegen lassen und die gelegentlichen Großgegner oder andere Bosse zumindest mächtig Schaden einstecken, entlohnt Zeit der Verheerung eine taktische, geduldige Spielweise, bei der ihr die Angriffsmuster der Feinde durchschaut, statt blindlings mit euren Waffen herumzufuchteln – auch wenn dies angesichts der schieren Gegnermassen natürlich öfters einfacher gesagt als getan ist.
Zudem hilft es natürlich enorm, die Eigenheiten eurer Kämpfer selbst intus zu haben. Die spielbaren Figuren steuern sich nämlich allesamt merklich anders, was nicht zuletzt an ihren unterschiedlichen Waffenarten und den jeweils auf ZR zugewiesenen persönlichen Aktionen zu verschulden ist. So schwingt Link standardmäßig flott ein Einhandschwert, kann dieses aber auch gegen eine reichweitenstärkere Lanze oder ein stärkeres, jedoch ebenso dezent langsameres Großschwer austauschen. Mit der ZR-Taste packt er wiederum seinen Bogen für einen kurzen Pfeilhagel aus. Zora-Reckin Mipha auf der anderen Seite deckt ihre Feinde mit schnellen Dreizack-Stichen ein, beschwört Fluten herauf und kann mit ZR zu platzierten Wasserfontänen springen, um von dort aus zuzuschlagen. Für Abwechslung ist bei der Manöverliste auf jeden Fall gesorgt und mir persönlich missfielen nur die wenigsten Setups – beispielsweise das von Zelda, an das ich mich aufgrund der recht kurzen Kombo-Rotation nie so recht gewöhnen konnte.
Ziellos durch Hyrule
Um auf dem Schlachtfeld jederzeit die volle Kontrolle zu behalten, dürft ihr natürlich wieder einmal bis zu vier Charaktere über das Feld scheuchen – jeweils einen aktiven Kämpfer sowie ein bis drei Begleiter. Leider stellen sich eure Kameraden gefühlt noch schrecklicher an, als sie es bereits im ersten Hyrule Warriors taten. Nicht selten sind mir Situationen untergekommen, in denen ich meine Mitstreiter an einen bestimmten Punkt beorderte, sie sich aber nur im Schneckentempo rüberbewegten und schlussendlich nicht zum rechten Zeitpunkt dort auftauchten, wo ich sie benötigte. Anders als bei Fire Emblem Warriors zuvor greifen sie auch abermals nicht aktiv ins Gefecht ein, können umgekehrt aber auch nicht das Zeitliche segnen, wenn sie nicht eurer direkten Kontrolle unterstehen. Selbst wenn ihre Energieleiste auf das letzte Viertelherz geleert ist, geben sich nicht klein bei. Dadurch verliert man zumindest kein Gefecht aufgrund von unglücklichen Positionierungen und kann seine Gefährten notfalls auch als Quasi-Extraleben zweckentfremden.
Stichwort „Nett gemeint, aber eher mäßig umgesetzt“: Auch die insgesamt eher selten auftretenden Titanen-Schlachten sind mir eher als Enttäuschung im Gedächtnis geblieben. Prinzipiell ist es ungemein cool, sich ans Steuer der Riesen zu klemmen und Tausende von Fußsoldaten ohne großen Aufwand von der Landkarte zu putzen. Praktisch steuern sich die Titanen jedoch eher behäbig und wirklich anspruchsvoll sind die kurzen Sequenzen auch nicht. Hat man den anfänglichen Wow-Effekt erst einmal verdaut, verkommen die Abschnitte zur reinen Routine. Schade eigentlich.
Schönheit hat ihren Preis
In technischer Hinsicht ist Hyrule Warriors: Zeit der Verheerung leider ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite ist es bildhübsch und fängt den Stil von Breath of the Wild gekonnt ein. Sei es das Design der Areale allgemein, das bei Kennern wohlige Erinnerungen weckt, oder schlichtweg die Struktur der Menüs – alles erinnert unweigerlich an das Open-World-Abenteuer von Nintendo. Leider kann dabei sowohl im Handheld-Modus als auch am TV-Bildschirm die Performance nicht so ganz mithalten. Zeit der Verheerung neigt nur zu gerne zu Rucklern und gerade spätere Abschnitte mit besonders vielen Bildeffekten und Gegnern auf dem Schirm werden zur reinsten Stotterpartie. Wer sich in den lokalen Koop-Modus mit einem zweiten Spieler wagt, muss sich sogar auf noch heftigere Bildrateneinbrüche einstellen. Immerhin: Sowohl im Solo-Modus als auch erstaunlicherweise bei kooperativen Partien sind immer reichlich Feinde zum Wegfegen sichtbar und anders als bei Hyrule Warriors: Definitive Edition zuvor muss sich Spieler 2 auch nicht bei jeder Mission neu einklinken. Wer also über die Ruckler hinwegsehen kann, bekommt hier eines der wohl angenehmsten Koop-Erlebnisse der jüngeren Warriors-Geschichte serviert.
In musikalischer Hinsicht ist Zeit der Verheerung übrigens auch mehr Breath of the Wild als Warriors. Typische Rock-Remixes bekannter Melodien sucht man vergebens, stattdessen erwarten euch atmosphärisch passende Melodien, die in besagtem Switch-Launchtitel nicht mal fehl am Platz wären. Mir persönlich blieben leider nur die wenigsten Stücke wirklich im Ohr, allem voran das Weltkarten-Thema mit seinem markenten Intro, qualitativ sind die Kompositionen aber ohne jeden Zweifel hochwertig. Sprachausgabe gibt es nicht zuletzt auch und diese – ganz wie beim The Legend of Zelda-Gegenstück – unter anderem auf Deutsch. Schade ist allerdings, dass nur die Zwischensequenzen voll vertont sind und das Schlachtengeschnatter an sich lediglich mit Textboxen am unteren linken Bildrand abgespeist werden. Und weil im Zuge der teils sehr hektischen Action nur selten Zeit für einen Blick ins Bildeck bleibt, sind mir viele der Dialoge unschönerweise entgangen – immer wieder ärgerlich, beileibe aber kein neues Problem bei Warriors-Spielen.
Fazit: Als jemand, der mit dem ersten Hyrule Warriors erst so richtig seinen Zugang in die Massenschlachten aus dem Hause Omega-Force fand, war ich Hyrule Warriors: Zeit der Verheerung zunächst erstaunlich skeptisch gegenüber eingestellt. Steinigt mich, aber Breath of the Wild ist nun mal nicht mein liebstes Zelda und der Liebesbrief an die komplette Zelda-Reihe sprach mich entsprechend mehr an. Doch bereits von der ersten Schlacht an konnte mich die Vorgeschichte des zerrütteten Hyrules in den Bann ziehen. Dank dezenter Steuerungsanpassungen fühlen sich die ohnehin schon dynamischen und effektvollen Kämpfen noch viel wuchtiger an, die Shiekah-Stein-Kräfte funktionieren bedeutend besser als die ungelenk auswählbaren Items des Vorgängers und die schiere Anzahl an Nebenmissionen – auch wenn sie nicht an den DLC-gesützten Umfang von Hyrule Warriors: Definitive Edition heranreicht – sorgt dafür, dass man auch abseits der Haupthandlung für viele Stunden bestens unterhalten wird. Ganz fehlerfrei ist Zeit der Verheerung aber natürlich trotzdem nicht: Die Kameraden-KI ist gefühlt noch schlechter als beim ersten Hyrule Warriors und erreicht nicht einmal mehr zuverlässig zugewiesene Marschziele, die schlichte Nebenquest-Liste fühlt sich ungemein schmuckloser als die Abenteuer-Karte des Vorgängers an und die Story konnte mich trotz einiger bewegender Momente unterm Strich auch nicht so ganz überzeugen – dermaßen viele neue Details, die über das Wissen aus Breath of the Wild hinausgehen, finden sich hier nämlich nicht. Doch auch wenn ich persönlich immer noch lieber mit den Helden und Schurken aus der kompletten Zelda-Saga in die Schlacht ziehe, kann ich Hyrule Warriors: Zeit der Verheerung jedem Warriors-affinen Zelda-Fan bedenkenlos ans Herz legen. Dafür machen die bildgewaltigen Gefechte und Massen an Mini-Missionen schlichtweg zu viel Laune.
Recken-Anwärter: Tjark Michael Wewetzer [Alanar] für PlanetSwitch.de
Vielen Dank an Nintendo für die freundliche Bereitstellung des Reviewcodes.
Einblicke in einen hoffnungslosen Krieg: Fesselnde Schlachten im alten Hyrule, die den Stil der Vorlage gekonnt einfangen, jedoch auch einiges an Feinschliff vermissen lassen. |
Wertung
UMFANG:
8.0
ABWECHSLUNG:
8.0
TECHNIK:
6.0
79 von 100
Solider Story-Umfang
Massig Nebenmissionen
Abwechslungsreiche Aufträge
Vielfältige Charaktere und Movesets
Stilitisch stimmige und schöne Umgebungen
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Teils starke Ruckler, vor allem im Koop-Modus
Marschbefehle werden häufig zu langsam umgesetzt
Aufgesetzt wirkende Titantenkämpfe
Keine volle Sprachausgabe im Kampfverlauf
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Wie werten wir?
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Spielname:
Hyrule Warriors: Zeit der Verheerung
Typ:
Switch-Spiel
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Publisher:
Nintendo
Developer:
Omega-Force
Genre:
Action
Release:
20.11.2020 (erschienen)
Multiplayer:
1-2 Spieler
Altersfreigabe:
Frei ab 12 Jahre
eShop Preis:
59,99 €
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Screenshots:
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