Review:
Sid Meier's Civilization VI
Mit Sid Meier's Civilization Revolution für den Nintendo DS erschien 2008 erstmals ein Vertreter der Serie, wenn auch nur ein Spin-Off, auf einer Nintendo-Konsole. Dies sollte zehn Jahre lang auch der einzige bleiben, denn erst in diesem November gibt es wieder eine Portierung. Sid Meier's Civilization VI erscheint als sechste Hauptteil der umfangreichen Civilization-Reihe auf Nintendo Switch und setzt damit ein gutes Zeichen für Strategiefans, die gern mit der Switch spielen. Doch wie schlägt sich der Taktikgigant im Gegensatz zu der PC-Fassung, auf der er basiert? Wo wurden Abstriche gemacht und was gibt es vielleicht für die Käufer der Switch-Version dazu? Das erfahrt ihr in meinem Test!
Am Anfang war der Siedler
Ich möchte euch gleich und ohne Umschweife ins Gameplay des Spiels einführen: Als Anführer einer ganzen Zivilisation starte ich im Jahre 4000 vor Christus zusammen mit einer Gruppe Siedler und einem Trupp Krieger auf einer nicht aufgedeckten Karte. Diese ist in Sechsecke aufgeteilt, sodass an jedes Feld entsprechend sechs weitere Felder grenzen. Diese Felder können einfache Graslandschaften oder Sümpfe, Wälder und sogar Berge mit Naturwundern sein. Meine erste Stadt gründe ich daher an einer Stelle, die meine Wahlheimat künftig mit möglichst hilfreichen Geländefeldern umgibt. Eine Ortschaft, die direkt am Meer gebaut ist, kann beispielsweise Schiffe produzieren und später Fische fangen um die Bewohner zu ernähren. Entgegen den vorherigen Spielen der Reihe braucht es aber dieses Mal zuvor in der Metropole produzierte Handwerker, die die einzelnen Geländefelder mit Einrichtungen wie einen Bauernhof oder eine Mine bebauen. Wo ich auch schon beim Thema Bauen beziehungsweise Produktion wäre: Jede Stadt, egal wie groß sie ist, kann pro Runde nur eine Produktion in Auftrag geben. Zur Auswahl stehen am Anfang nur ein Monument, das die Kultur in der Siedlung erhöht, oder verschiedene Einheiten wie ein Trupp Handwerker, ein Späher, neue Krieger und Schleuderschützen, die die ersten Fernkämpfer bilden. Mit der Zeit und wächst die Stadt und neue Forschungen werden abgeschlossen, was die Gebäude- und Einheitenvielfalt anhebt und sogar bereits erwähnte Bezirke ermöglicht. Auch dies ist ein neues Feature des sechsten Teils der Reihe und besagt, dass eine Spezialisierung auf einem Geländefeld in der Nähe des Standorts eingerichtet werden kann. So kann ein Campus beispielsweise den Fortschritt in der Forschung beschleunigen und durch weitere Gebäude wie einer Bibliothek ausgebaut werden. Ein Wunder beansprucht ebenfalls ein eigenes Feld und kann global nur einmal errichtet werden, bringt dafür einen starken Bonus wie beispielsweise der Stonehenge, der einen großen Propheten in die Stadt ziehen lässt.
Denn nicht nur die Weltwunder, sondern auch berühmte Wissenschaftler, Denker und Propheten haben es wieder ins Spiel geschafft und können beispielsweise eine neue Religion gründen, was für den Religionssieg unabdingbar ist. Neben dem vorherrschenden Glauben kann das Spiel normalerweise auch durch die Herrschaft, also dem Erobern sämtlicher gegnerischer Hauptstädte, durch die Wissenschaft, in dem Fall dem Errichten einer Marskolonie, und durch Kultur, also durch das Anlocken genügender Touristen aus anderen Zivilisationen, gewonnen werden. Entsprechend wichtig sind dabei die Werte im Bereich Geld, Ruhm, Kultur und Forschung, die dauerhaft am oberen Bildschirmrand angezeigt werden. Daneben gibt es noch Ressourcen wie Pferde und Bananen, die nur durch spezielle Felder erwirtschaftet werden können und besonders beim Handeln extrem beliebt sind. Diplomatie ist ein äußerst nützliches Werkzeug im Kampf um den Sieg und so kann es lohnenswert sein, sich mit einem KI-Mitspieler gut zu stellen und vielleicht das ein oder andere Geschenk springen zu lassen oder die seltenen Ressourcen gegen eine stattliche Geldsumme zu verkaufen. Eine gute Geldquelle sind aber auch die Stadtstaaten, die quer über die zufällig generierte Karte verteilt sind. Diese werden vom Spiel separat gesteuert, haben aber nie das Verlangen eine weitere Stadt zu gründen und vergeben stattdessen Quests an die Mitspieler, die ihnen begegnet sind. Einmal möchten sie die Bedrohung durch einen Barbarenstamm in der Nähe beseitigt wissen, ein anderes Mal besteht der Bedarf nach einen Handelsweg. Das Erfüllen dieser Aufgaben steigert einerseits die Gesandtenanzahl in der Stadt, was verschiedene Boni wie mehr Geld aber auch die Option auf den Suzerän-Diplomatiestatus gibt, mit dem das Militär, die Ressourcen und das Sichtfeld des Staats übernommen werden kann. Jede Zivilisation hat neben ihren individuellen Anführern auch noch Vorteile, die sogar exklusive Einheiten oder Gebäude beinhalten können. So kann Peter der Große, Zar von Russland, Kosaken anstelle normaler Kavallerie ausbilden, die deutlich stärker sind. Wunder, die wie die Alhambra eigentlich deutlich einem Land zugeordnet werden können, stehen aber jeder Zivilisation zur Verfügung.
Alles auf Anfang
Wer sich nicht sofort ins Getümmel stürzen und keine 500 Runden mit einer zufälligen Nation bestreiten will, der kann sich außerdem noch selbst ein eigenes Spiel erstellen oder ein Szenario spielen. Die Einstellmöglichkeiten dabei sehr vielfältig: So stehen zunächst einmal acht Schwierigkeitsgrade von Siedler bis Gottheit zur Verfügung. Während bei den Szenarien anschließend zwischen „Alexanders Eroberungen“, „Hedwigs Vermächtnis“, „Outback-Tycoon“ und „Wikinger, Händler und Plünderer!“ und speziellen Anführern gewählt werden kann, können beim Spiel mit Standardregeln aus 24 Nationen gewählt werden. „Alexanders Eroberungen“ wird übrigens nur als Alexander der Große gespielt, für „Hedwigs Vermächtnis“ stehen dagegen komplette neue Anführer wie Konstantin Ostroschski oder Mikolaj Radziwill zur Verfügung. Während Szenario-Spieler jetzt schon bereit fürs Gefecht sind, können die anderen noch über das Spieltempo entscheiden, das sich in Online (doppelte Geschwindigkeit), Schnell, Standard, Episch und Marathon gliedert und damit angibt, wie viele Jahre pro Runde vergehen. Außerdem kann noch ein Kartentyp gewählt werden, wobei die sich in zehn verschiedene Formen unterscheiden und einige noch in der Größe eingestellt werden können. Unter anderem darf hier sogar mit der wirklichen Erde und wahlweise mit den wahren Startpunkten der Nationen gestartet werden. Wer immer noch nicht ganz zufrieden ist, kann jetzt noch erweiterte Spieloptionen vornehmen und zum Beispiel 19 Computergegner einstellen oder einen Seedcode verwenden, um die bestimmte Karten zu generieren.
Solltet ihr der Computergegner überdrüssig sein - die mögen tatsächlich wegen einigen Logiklücken wie etwa beim Handeln etwas nervig und durchschaubar werden -, könnt ihr auch im Multiplayer gegen menschliche Spieler antreten. Allerdings gibt es aktuell nur einen lokalen Mehrspielermodus, der auch nur auf ein lokales Netzwerk aus mehreren Konsolen mit jeweils einem Spiel basiert. Leider haben es weder ein Hotseat-Modus an einer Konsole noch der altbekannte Online-Multiplayer in die Switch-Portierung geschafft. Bei den herunterladbaren Inhalten sieht es dagegen schon deutlich besser aus, dort sind sogar schon einige DLCs inklusive. So sind die Pakete „Wikinger Szenariopaket, „Polen Zivilisations- & Szenariopaket“, „Australien Zivilisations- & Szenariopaket“ und „Persien und Makedonien Zivilisations- & Szenariopaket“ bereits in der Basisvariante enthalten und die beiden Sets „Nubien Zivilisations- & Szenariopaket“ (4,99 Euro) und „Khmer and Indonesia Zivilisations- & Szenariopaket“ (8,99 Euro) können separat im eShop gekauft werden. Damit sind alle DLCs der PC-Version auch auf der Switch vertreten, allerdings fehlt die große Erweiterung Rise and Fall, die neun neue Anführer und Nationen sowie zahlreiche neue Gameplay-Funktionen hinzufügt. Die zweite vor kurzem angekündigte Erweiterung Gathering Storm, die insbesondere Naturkatastrophen einen Platz im Spiel bietet, wird aktuell auch nur für die PC-Version erscheinen. Zwar gibt es hier auch schon die ersten Gerüchte, dass an einer Portierung der beiden Erweiterungen gearbeitet wird, offiziell ist davon leider noch nichts.
Überraschende Technik - positiv wie negativ
Inhaltlich mag die Switch-Version etwas weniger bieten als die Ursprungsfassung, doch technisch braucht sie sich nicht zu verstecken: Während des gesamten Spiels bleibt die Framerate durchweg stabil, egal wie viele Nationen auf einer beliebigen Kartengröße unterwegs sind, auch wenn die Lüfter im TV-Modus hin und wieder auch einmal aufdrehen um dies bei der erhöhten Auflösung auch zu gewährleisten. Visuell passt sich das Spiel der flüssigen Performance an und reduziert die Texturauflösung ein wenig, allerdings bleibt die Grafik weiterhin sehr ansehnlich. Die Steuerung funktioniert über die Buttons sehr angenehm, die Touchsteuerung ist dagegen eher gewöhnungsbedürftig. Eine Kombination aus beidem, also Bewegen der Kamera via Touchscreen und alle weiteren Aktionen über den Controller, ist dafür optimal, was auch keine andere Plattform bieten kann.
Eine verpasste Chance betreffen die Cloudsaves, die über den Publisher-eigenen Dienst my2K bewerkstelligt werden. Dort können Speicherstände hochgeladen werden, allerdings nur wenn man einen entsprechenden Account bei my2K vorher angelegt und sich dort angemeldet hat. Da dieser Service auch auf dem PC genutzt wird, kam ich also auf die Idee meinen Spielstand auf der Switch mal auf in der PC-Version zu laden, was fast sogar funktionierte, aber am Ende mit einem Crash des Programms endete. Eine Anfrage beim Support später, der löblich fix reagierte, bin ich nun dahingehend schlauer, dass die beiden Speicherstände unterschiedlich codiert sind und daher leider nicht plattformübergreifend funktioniert, was meiner Meinung nach ein Kaufgrund gewesen wäre. Leider sorgt der Login am PC in my2K außerdem dafür, dass der Login auf der Switch blockiert wird - das müsste doch ebenfalls nicht sein. Immerhin kann der Cloudsave abseits von Nintendo Switch Online genutzt werden, also ein mögliches Ersparnis.
Fazit: Mit Sid Meier's Civilization VI erscheint ein wahrer Strategie-Gigant für Nintendos Hybriden. Das Gameplay ist im sechsten Hauptteil der Reihe inzwischen derart komplex, dass der Wiederspielwert unglaublich hoch ist. Dafür sorgen auch die vielen Schwierigkeitsstufen, die zusätzlichen Szenarien, die unterschiedlichen Kartentypen sowie die zahlreichen Nationen, die um Nubien, die Khmer, die Indonesier und weiteren entsprechenden Szenarien über kostenpflichtige DLCs erweitert werden können. Auch bei der Grafik und bei der Performance steht der Titel gut da und braucht nicht den Vergleich mit der PC-Version zu scheuen. Gemischte Gefühle hat bei mir die Cloudsave-Funktion ausgelöst, die eigentlich prädestiniert für Crossplay geeignet ist, aber leider technisch nicht ausgebaut wurdet. Immerhin kann ich so abseits von Nintendo Switch Online kostenlos meine Spielstände sichern. Eher pessimistisch stimmt mich das Fehlen der Erweiterungen Rise and Fall und Rising Storm, wobei letzteres noch gar nicht erschienen, aber dennoch nur für den PC angekündigt ist. Sehr schade ist dagegen die aktuelle Multiplayer-Implementation, die aktuell nur lokales Spielen mit menschlichen Kollegen zulässt, für das auch noch jeweils eine Switch plus Spiel benötigt wird. Online-Games oder ein sogenannter Hotseat-Modus lassen aktuell noch auf sich missen. Was bedeutet das am Ende? Sowohl Spieler der alten Versionen, Besitzer der PC-Version und auch Neulinge der Reihe können bedenkenlos zuschlagen, solange sie kein Problem mit dem fehlenden Mehrspieler-Modus haben.
Spielt nur noch eine Runde: Nicola Hahn [501.legion] für PlanetSwitch.de
Vielen Dank an 2K Games für die freundliche Bereitstellung des Reviewexemplars.
Sid Meier gibt sein Seriendebüt auf der Switch gleich mit einem Hauptteil der 4X-Strategie und die Entwickler liefern saubere Portierungsarbeit ab. |
Wertung
KOMPLEXITÄT:
10
UMFANG:
7.0
SPIELSPAß:
9.0
87 von 100
Eigene Cloud-Speicherstände außerhalb von Nintendo Switch Online
Schön gestaltetes Tutorial für Neueinsteiger
Technisch einwandfreie Portierung
Süchtig machendes Gameplay
Viele Schwierigkeitsgrade, Schnelligkeiten und Karteneinstellungen
Verschiedene Nationen und Szenarien sorgen für Abwechslung
Vier DLCs sind bereits enthalten
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Die beiden größten Erweiterungen lassen auf sich warten
Der Online-Multiplayer fehlt komplett
Cross-Play wäre eine gute Chance gewesen, leider wurde die verpasst
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Wie werten wir?
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Spielname:
Sid Meier's Civilization VI
Typ:
Switch-Spiel
Jetzt Bestellen:
Zum Shop
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Publisher:
2K Games
Developer:
Firaxis
Genre:
Strategie
Release:
16.11.2018 (erschienen)
Multiplayer:
1-4 Spieler (lokal)
Altersfreigabe:
Frei ab 12 Jahre
eShop Preis:
49,99 €
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Screenshots:
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