Review:
Two Point Hospital
Diese Naivlinge der Two Point Hospital-Organisation haben mich tatsächlich als Krankenhausleiter eingestellt. Mich, Dr. von und zu Geizhals, der während seines Medizinstudiums mehr auf dem Golfplatz stand als in der Vorlesung zu sitzen. Dank wohlhabender Eltern war es ein Leichtes, meine Kommilitonen von einer gut bezahlten Nebenbeschäftigung zu überzeugen und so waren die Prüfungen und Hausarbeiten schnell kein Problem mehr. Jetzt steht mein erster Tag in irgend einem heruntergekommenen Krankenhaus an, mal schauen wie der so wird.

Manchmal läuft es nicht wie es soll… besonders wenn marode Geräte in Flammen stehen und die Hausmeisterin kurzerhand zum Feuerlöscher greifen muss
Schwester, die Joy-Cons bitte!
Ich komme also am Hospital an und sehe noch, wie das letzte Möbelstück aus dem Gebäude gehievt wird. Scheinbar war wirklich alles vom Bett bis zur Hängelampe marode, das erkennt man auch ohne Doktortitel. Ein komplett leeres Gebäude geht natürlich nicht als Krankenhaus durch, deshalb entscheide ich mich für den Kauf einer Rezeption und die Einstellung einer leicht reizbaren Rezeptionistin, die den Patienten dann missmutig erklären kann, dass leider keine Betten mehr frei sind und sie doch gar nicht so krank sein können, wenn sie sich noch vor die Rezeption schleppen können. Blöderweise ist die Organisation der Meinung, dass zur Versorgung von Patienten mindestens ein Arzt nötig ist. Also muss auch ein Untersuchungszimmer her, das von einem Doktor geleitet wird. Zum Glück kenne ich da einen fähigen und zugleich günstigen Mediziner - der Kollege hat schließlich für einen Hungerlohn meine Doktorarbeit für mich geschrieben. Doch trotz des überwältigenden Angebots von Rezeption und Untersuchung wollen sich meine Chefs noch nicht mit meiner Leistung zufrieden geben - völlig zu meinem Unverständnis! Wohl oder übel muss auch noch eine Apotheke her, die durch Schütteln und Klopfen der inhaltsleeren Zuckerpillen „Medikamente“ herstellt, damit diese dann gleich nach der Diagnose an die Patienten weitergegeben werden. Auch ein Mitarbeiterraum muss noch her, der ein Sofa verpasst bekommt, von dem aus sich die Mitarbeiter entspannt ein Poster an der Wand anschauen können.
Genug der Wohltaten für die Mitarbeiter, es will Geld verdient werden! Inzwischen haben sich nämlich einige hilflose Patienten in mein Start-Up verirrt und werfen nur so mit Geldscheinen um sich, damit ihnen ein gestresster Arzt ein Ohr leiht und dann überteuerte Medikamente verschreibt. Natürlich lassen die Untersuchungen neben dem Verkauf von Pillen ebenfalls die Kassen klingeln. Doch statt sich mit den grandiosen Leistungen zufrieden zu geben strebe, ich nach etwas Größerem. Schließlich will ich der Menschheit und meinen Anvertrauten etwas zurückgeben und die Welt ein Stückchen besser machen. Das funktioniert am besten mit Toiletten! Ein paar Kabinen hier, ein wenig Händetrockner und Waschbecken da - fertig ist das stille Örtchen, das völlig modern von allen Geschlechtern genutzt wird - die gesparten Kosten waren natürlich nicht ausschlaggebend. Apropos Ausschlag: Kaum ist das Krankenhaus geöffnet, gibt es doch tatsächlich den absurden Wunsch nach Weiterbehandlung. Ich bin ja kein Unmensch und mit der Aussicht auf mehr Umsatz ist auch schon ein Untersuchungszimmer und eine Station gebaut. Hier kümmern sich Krankenpfleger um die Versorgung der Patienten, was ihnen und ihren Krankenversicherungen noch mehr Geld entlockt. Doch richtig glücklich werden die „Kunden“ erst, wenn ich die jeweiligen Zimmer mit möglichst viel Kram zustelle. So stelle ich das Arztzimmer optimalerweise mit vielen Aktenschränken und Pflanzen zu, damit sich alle wohl fühlen. Das gilt auch für die Gänge, die bestenfalls komplett mit Pflanzen, Infoständen, Mülleimer und Poster von Glühbirnen garniert werden. Dorthin passen auch Getränke- und Snackautomaten, die später durch einen Kiosk abgelöst werden und mich mehr und mehr in Münzen schwimmen lassen.

In Clownautos befinden sich meist zahllose Clowns, die aber in diesem Fall das Krankenhaus aufsuchen wollen
Wie viele Ärzte braucht man, um eine Glühbirne auszutauschen?
Eigentlich läuft die medizinische Einrichtung recht gut, besonders wenn es auf die Finanzen ankommt. Doch dann betritt ein Wesen mit Glühbirne als Kopf das Gebäude. Es teilt per Morsecode der Rezeption mit, dass es sich hierbei tatsächlich um einen Menschen handelt und dank des gezückten und gut gefüllten Geldbeutels hat sich dieser Patient einen VIP-Platz verdient - für die Wissenschaft und so! Zum Glück hat die Forschung einen kostengünstigen DeLux-Entleuchter entwickelt, der kurzerhand die wortwörtliche Birne aus der Fassung dreht, einen generischen Kopf druckt und diesen an der Stelle des Lichtkörpers einsetzt. Ob der Geheilte sich jetzt an sein neues Haupt gewöhnt liegt nicht mehr in meiner Verantwortung und ich kann endlich abkassieren. Doch bei dieser absurden Krankheit bleibt es nicht, schnell kommen verwirrte Clowns und Patienten mit „Topfschmerzen“ hinzu, die in weiteren speziellen Vorrichtungen behandelt werden müssen und/oder eine Einschätzung von einem Psychologen brauchen. Die sind leider nicht günstig, sodass ich etwas improvisieren muss: Wenig später ist ein Fortbildungsraum mit Beamer und den guten alten Stühlen aus der Schule zusammengebastelt und ein entsprechender Ausbilder eingeladen, der gerade für wenig Geld zu kriegen war. Der Kollege aus der Uni wird jetzt vom Allgemeinmediziner auch noch zum Psychologen und darf gleich zwei Räume gleichzeitig bedienen. Doch solange er ein Zimmer nicht bedient - aus komplett abwegigen Gründen wie ein Toilettengang, eine Pause oder ein Einsatz im anderen Behandlungszimmer - füllt sich die Warteschlange auf dem Gang immer weiter. Also muss eine weitere Arbeitskraft mit Doktortitel her.
Aber es mangelt nicht nur an einem Arzt, denn es wird auch langsam Zeit für etwas Facility Management. Der künftige Hausmeister, möglichst schlecht gelaunt und besonders wenig gesprächig, wird sich nämlich auch um die inzwischen marode Technik kümmern müssen, die eingegangenen Pflanzen bewässern und sich in der Geisterjagd üben. Grund dafür sind die inzwischen verstorbenen Patienten, deren Versicherung oder privates Konto nicht mehr genügend Moneten bereitstellen konnte. Diese suchen jetzt blöderweise das ganze Establishment heim und vertreiben die zahlende Kundschaft. Im Luigi's Mansion-Stil werden die spuckenden Gestalten kurzerhand eingesaugt - soll noch jemand sagen von Videospielen lernt man nichts! Endlich ist die Gesellschaft der Two Point-Krankenhäuser zufrieden mit meinen Leistungen und der gefüllten Kasse, sodass sie mir einen Stern verleiht. Damit bin ich berechtigt mich einer neuen Herausforderung stellen und ein neues Krankenhaus übernehmen, das sogar Ausbaumöglichkeiten auf andere Grundstücke bietet, aber auch potentielle neue Krankheiten bereithält. Aber um ehrlich zu sein: Unter drei Sternen für mein Lieblingskrankenhaus (bis auf meine Geburt habe ich bisher auch nur eins besucht) verlasse ich die Örtlichkeit nicht - ich würde ja glatt meine liebgewonnenen Mitarbeiter und das ganze schöne Geld hinter mir lassen. Also werden stattdessen alle Gänge mit allen Arten von Botanik und Sitzgelegenheiten zugestellt, schließlich hat sich der Gesundheitsinspektor angekündigt und ich fürchte, dass dieser von sinnvollen Sparmaßnahmen nicht so wirklich überzeugt ist wie ich…

Brav meldet sich der Arzthelfer, der sich gerade in emotionaler Intelligenz fortbildet
Fazit:
Mit Two Point Hospital legten die aus alten Hospital Tycoon-Entwicklern zusammengesetzte Two Point Studios einen grandiosen Start hin und setzten im totgeglaubten Genre der Krankenhaus-Managementspiele einen neuen Meilenstein, woran sich inzwischen viele Indies orientieren. Auch jetzt als Konsolenportierung macht das Spiel eine sehr gute Figur. Dafür sorgen butterweiches Gameplay, das nur bei einem überfüllten Krankenhaus etwas ins Stocken gerät, ein erstklassiger Humor mit schrägen Krankheiten sowie eine zugängliche, aber optimierbare Steuerung, die nichtsdestotrotz Hoffnung auf Nachschub im Bereich der Aufbaustrategie und Tycoongames macht. Zum Gameplay selbst brauche ich wohl nicht mehr allzu viel sagen, vergangene Reviews zur PC-Version haben bereits dem Spiel die Diagnose „Herausragend“ bescheinigt und exakt das liegt nun auch wieder in der mobilen Fassung vor. Das gilt übrigens auch für den Umfang, denn sowohl die Ursprungsversion bietet einen ausführlichen Storymodus, der immer komplexere Mechaniken etabliert, auch die beiden enthaltenen DLCs sorgen noch einmal für einige Stunden Spielzeit. Einzelne Kritikpunkte gibt es dennoch, beispielsweise die bereits angesprochene Performance, die zwar meist positiv auffällt, aber irgendwann dann doch die Grenzen der Hardware offenbaren. Auch die Steuerung ist nicht immer on point, aber das ist wohl eindeutig der Präzision der Joy-Cons geschuldet. Vielleicht hätte man hier noch den Touchscreen beziehungsweise für den TV-Modus einen Cursor basierend auf der Bewegungssteuerung einbauen können. Desweiteren muss ich auch beim Preis ein paar Prozentpunkte abziehen, denn gut 40 Euro hätten es nicht mehr sein müssen, schließlich ist der Titel schon fast zwei Jahre alt. Aber man darf nicht vergessen: Das ist Kritik auf allerhöchstem Niveau und eine Kaufempfehlung gibt es ohne Einschränkungen für alle Medizinstudenten, angehende Entrepreneure und Hobbystrategen. Der Rest der Welt kann auch bedenkenlos zugreifen, vorausgesetzt der Titel liegt nicht bereits in der Steambibliothek. Auf eine gute OP!
Versteckt sich auf der Toilette vor dem Gesundheitsinspektor: Nicola Hahn [501.legion] für PlanetSwitch.de
Vielen Dank an Sega für die freundliche Bereitstellung des Reviewcodes.
Meist ruckelfrei, fast immer präzise und durchweg urkomisch: So macht die Arbeit im OP Spaß! |
Wertung
TECHNIK:
8.0
STEUERUNG:
9.0
GAMEPLAY:
10
90 von 100
Ausgefallener Humor und kreative Krankheiten
Hübsche Grafik…
Genaue Steuerung…
Guter Umfang
Tolles Gameplay, das mit der Zeit komplexer wird
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Etwas teuer
…mit gelegentlichen Rucklern
…die aber auch etwas besser sein könnte
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Wie werten wir?
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Spielname:
Two Point Hospital
Typ:
Switch-Spiel
Jetzt Bestellen:
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Publisher:
Sega
Developer:
Two Point Studios
Genre:
Strategie
Release:
25.02.2020 (erschienen)
Multiplayer:
nicht vorhanden
Altersfreigabe:
Frei ab 0 Jahre
eShop Preis:
39,99 €
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Screenshots:
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