Review:
Trials of Mana
Inmitten namhafter Remakes mit gigantischen Budgets wagt sich die überarbeitete Neuauflage eines einst Japan-exklusiven Rollenspiel-Meisterwerks, dessen Fangemeinde zwar bedeutend kleiner, jedoch nicht minder treu ist – dass es dabei gnadenlos von Gefährten Resident Evil 3 und Final Fantasy VII Remake überschattet wird, versteht sich von selbst. Doch zumindest auf der Switch hat Trials of Mana die komplette Aufmerksamkeit für sich allein, wenn der Spielerschaft mal der Sinn nach etwas actionreicherem als dem gemütlichen Inselurlaub mit Animal Crossing steht. Und anders als beim vielgescholtenen Secret of Mana-Remake für PS4 und Vita gab sich das Team von Square Enix dieses Mal sogar redlich mehr Mühe bei der Neugestaltung des RPGs. Schade nur, dass man dem Titel leider noch an allen Ecken und Enden anmerkt, dass er auf Sparflamme produziert wurde.
Das große Rennen um das Mana-Schwert
Wie so viele Ableger der Mana-Reihe dreht sich Trials of Mana um den im Sterben liegenden Manabaum. Um das Schlimmste zu verhindern, machen sich vier Feen auf, um nach einem neuen Kandidaten für das legendäre Mana-Schwert zu suchen. Unglücklicherweise versagt bei dreien von ihnen auf halbem Wege die Kraft, während die letzte notgedrungen in einer zufälligen Bekanntschaft unterkommt. Welche das ist, bestimmt ihr direkt zum Spielstart: Ihr dürft nämlich aus sechs Charakteren eine Hauptperson und zwei Begleiter auswählen, deren Geschichte ihr genauer verfolgt. Jede Figur verfügt dabei über einen einzigartigen Prolog: Die Lanzenträgerin Resi muss in ihrem Kapitel beispielsweise miterleben, wie das Königreich ihrer Eltern fällt und ihr Bruder entführt wird, während die talentlose Magierin Angela aufgrund ihrer Defizite von ihrer Mutter gejagt wird und nun nach einer Möglichkeit sucht, ihre Macht zu beweisen. Nur die Vorgeschichte eures Hauptcharakters müsst ihr verpflichtend durchspielen, die beiden anderen gibt es wahlweise als kurze Rückblenden – anders als beim SNES-Original dürft ihr beim ersten Aufeinandertreffen der Gefährten jedoch auch die anderen Prologe in voller Länge erleben, ohne einen neuen Spielstand anfangen zu müssen.
Doch wie auch immer das Trio zusammenfindet, letzten Endes mündet alles in die selbe grobe Rahmengeschichte: Ihr müsst das Mana-Schwert ausfindig machen und dazu benötigt es die Kraft der acht Elementargeister, welche über die auf der ganzen Welt verstreuten Mana-Steine wachen. Technisch gesehen gibt es diverse Unterschiede beim Handlungsverlauf, die sich durch eure Charakterwahl bemerkbar machen. Maßgeblich beschränken sich diese jedoch auf Dialogdetails, der grobe Spielverlauf bleibt weitestgehend identisch. Lediglich ein kompakter Abschnitt im Mittelteil sowie ein Dungeon-Duo kurz vor Schluss und der finale Endboss unterscheidet sich je nachdem, wer der Hauptgegner eures gewählten Erst-Protagonisten ist. Das ist ein wenig enttäuschend, zumal vollmundig von unterschiedlichen Handlungssträngen geredet wird. Unterm Strich ist die Story jedoch ohnehin insgesamt eher flach und dient vielmehr dazu, euch insgesamt mit unterhaltsamen Dialogen und festen Zielen bei Laune zu halten. Die vielgescholtene Sprachausgabe dürfte dabei jedoch eher weniger helfen, denn auch wenn die Texte an sich recht ordentlich lokalisiert wurden, wirkt die Sprachausgabe beinahe durch die Bank weg entweder hölzern oder wie schlechtes Theater, was wiederum diverse Szenen gerne mal ruiniert. Und das scheint nicht mal eine Eigenart der englischen Vertonung zu sein: Zwar kann ich mangels Sprachkenntnisse nichts aus erster Hand bestätigen, aber selbst die ebenfalls enthaltene japanische Tonspur soll insgesamt eher dürftig rüberkommen.
Auf Tuchfühlung mit der possierlichen Monsterschar
Wo Trials of Mana hingegen eindeutig aufblüht, ist der allgemeine Spielverlauf – oder genauer gesagt, das Kampfsystem. Statt prozentualer Aufladewerte für normale Attacken oder automatischen Intervall-Manövern verlässt sich dieses Remake voll und ganz auf klassische Action-Schnetzeleien, bei denen mit der A-Taste normale Attacken verkettet werden und sich per X-Taste starke Abschlussschläge oder Aufladeangriffe entfesseln lassen. Klassenspezifische Special Moves werden unkompliziert in einem über die linke Schultertaste aufrufbaren Schnellmenü untergebracht, während über das mit dem Steuerkreuz aufrufbaren Ringmenü Items und Zauber auflistet – alternativ lassen sich auch dafür Shortcuts anlegen, die mit der R-Taste aktiviert werden. Auf diese Weise kommt ein erquickend schneller Kampffluss zustande, an dem ich durch das ganze Spiel hindurch meine helle Freude hatte. Dass dabei der vom SNES-Original bekannte Koop-Modus auf der Strecke blieb, ist zwar bedauernswert, aber meiner Ansicht nach verkraftbar. Damit man angesichts des Effektfeuerwerks und der unter bestimmten Bedingung aus Gegnern herausgeschlagenen Spezialattacken-Energie nicht den Überblick verliert, werden flächendeckende Angriffe zudem immer mit deutlichen Markierungen angekündigt. Nichts kommt in den kompakt eingegrenzten Gefechtsringen aus heiterem Himmel, jede Konfrontation fühlt sich fair an. Da ihr allerdings pro Kampf auch nur auf bis zu neun Gegenstände einer Kategorie – darunter lebenswichtige Heilungsobjekte – beschränkt seid, muss man gerade bei den kniffligeren Bossfights durchaus aufmerksam bleiben.
Euer Team könnt ihr dabei in zweierlei Hinsicht auf die stetig härter werdenden Konfrontationen vorbereiten. Einerseits gibt es mit jedem Levelaufstieg eurer Kämpfer Talentpunkte, die sich in fünf Ausrichtungen wie Stärke, Geist und Ausdauer investieren lassen. Haben diese eine bestimmte Zahl erreicht, erhaltet ihr entweder Bonuspunkte auf bestimmte Charakterwerte oder gar Zauber und ausrüstbare passive Fähigkeiten. Wie diese jedoch genau aussehen, bestimmt euer zweiter Anpassungspunkt: Die Charakterklasse. Zweimal im Laufe der Hauptgeschichte und ein zusätzliches Mal im neuen Epilog-Szenario des Remakes dürft ihr eure Figuren auf eine höhere Klassenstufe befördern und dabei zwischen einer Licht- und einer Schattenvariante entscheiden. Trotz der Bezeichnung ist die angedeutete Gesinnungszuweisung nur kosmetischer Natur, ihr könnt also wirklich frei entscheiden, welches beim Wechsel angedeutete Skill-Set euch besser gefällt. Und sollte euch eure Wahl am Ende doch nicht gefallen, könnt ihr gegen Ende des Spiels eure Klasse wieder auf Stufe 1 zurücksetzen und etwas anderes ausprobieren. Lediglich die Tatsache, dass für den Aufstieg auf Stufe 3 gewisse aus im Kampf aufgelesenen Saatkörnern zufällig erhaltene Objekte benötigt werden, dämpft ein wenig die Experimentierfreude. Dennoch ermuntern die vielfältigen Ausrichtungen sowie die Tatsache, dass jeder Charakter über komplett andere Charakterklassen verfügt, trotz der relativ geringen Story-Unterschiede zu erneuten Spieldurchmärschen.
Angesichts des spaßigen Kampfsystems vergisst man beizeiten schon mal, dass die zu durchwandernden Umgebungen und Dungeons im Prinzip nicht viel mehr als hübsche Hintergründe bieten. Großartige Rätsel sind in vielen Teilen der Welt Mangelware und selbst die paar vorhandenen lassen sich ohne große Hirnakrobatik oder mächtigen Aufwand lösen. Auch lässt euch Trials of Mana technisch gesehen viele Areale frei durchstreifen, gerade wenn ihr im späteren Spielverlauf diverse Transportmöglichkeiten für Oberwelt-Wanderungen freischaltet, Nebenaufgaben gibt es im Prinzip jedoch keine. Lediglich in allen Gebieten verstreute Schatztruhen mit mal mehr, mal weniger nützlichen Inhalten, sowie der neu im Remake hinzugefügte Kaktusfratz, der euch alle fünf Sichtungen mit einer kleinen Nettigkeit belohnt, laden zum genauen Auskundschaften der Gegenden ein. Damit ihr euch nicht verlauft, weist euch zudem ein jederzeit sichtbarer Marker genau auf den aktuellen Zielpunkt hin. Das ist vor allem in den wenigen Unterbrechungen in Städten praktisch, bei denen ihr – aus gerne mal völlig willkürlichen und alles andere als sinnvollen Gründen – bestimmte Dörfler anschwatzen müsst, bevor ihr wieder eures Weges ziehen dürft. Auf diese Weise bleibt das Abenteuer immerhin schön straff designt und ist mit seinen rund 18 bis 20 Stunden für die Hauptgeschichte sogar recht kompakt.
Neue Herausforderungen in alten Welten
Aber Square Enix wäre ja nicht Square Enix, wenn es für das Remake nicht noch ein paar Zusatzinhalte gäbe! Den kleinen grünen Kaktus auf Wanderschaft habe ich ja bereits angesprochen, auf das vorher erwähnte Epilog-Szenario möchte ich jedoch noch einmal genauer eingehen. Nach dem Sieg über den letzten Endboss wird nämlich eine kleine Extra-Geschichte freigeschaltet, die eine Reihe zusätzlicher Bosskämpfe sowie einen neuen Dungeon umfasst. Der Inhalt der Story ist dabei, nicht unähnlich dem Hauptspiel, eher weniger interessant, die neuen Großgegner hingegen überzeugen schon eher. Ohne zu viel vorwegzunehmen sei nur gesagt, dass euch ein paar spannende Konfrontationen erwarten. Der Bonus-Dungeon wiederum ist stilistisch und atmosphärisch schön aufgezogen, zieht sich jedoch auch aufgrund seiner enormen Länge wie Kaugummi. Von den rund drei Stunden der Zusatz-Story nimmt der kampflastige Kerkerausflug entsprechend den Löwenanteil ein.
Zu guter Letzt sei natürlich noch die grafische Überarbeitung des SNES-Klassikers erwähnt. Die farbenfrohen Umgebungen können sich ohne jeden Zweifel sehen lassen und auch die Monsterdesigns versprühen selbst in ihrer neuen 3D-Inkarnation den guten alten Charme, den man von der Mana-Reihe kennt. Dass die Switch-Version dabei im von mir maßgeblich gespielten Handheldmodus in effektreicheren Situationen mal ins Ruckeln gerät, ist dabei im Prinzip noch verkraftbar. Die Ladezeiten bei Gebietsübergängen waren mir jedoch einen Tick zu lang und auch das für die Unreal Engine übliche Texturennachladen, bei dem manche Objekte für einen kurzen Moment zunächst komplett verwaschen dargestellt werden, zeigt sich hier und da. Nicht zuletzt wirken die Zwischensequenzen teilweise ziemlich statisch. Dennoch ist das, was Square Enix hier geliefert hat, im Vergleich zum 2018er Remake von Secret of Mana bereits ein gewaltiger Schritt nach vorn. Außerdem muss man neidlos anerkennen, dass der Soundtrack des Spiels – sowohl in der neuen Version als auch der ebenfalls auf dem Modul befindlichen SNES-Originalfassung – großartig geworden ist und unweigerlich zum Mitsummen anregt.
Fazit: Es ist immer noch erstaunlich, dass Square Enix nach all den Jahren nicht nur die Originalfassung von Trials of Mana endlich außerhalb Japans veröffentlicht hat, sondern es von allen bisherigen Remakes der Reihe wohl auch das beste ist. Wohlgemerkt liegt das mitunter daran, dass die Messlatte nicht sonderlich hoch liegt, doch die malerischen 3D-Umgebungen und putzigen Charaktere können sich ebenso sehen lassen, wie das rundum erneuerte Kampfsystem Laune macht. Klar fühlt es sich aufgrund des Zielmarkers im Austausch dafür auch deutlich gradliniger an, zumal es so gut wie keine Nebenbeschäftigungen abseits des Hauptpfades gibt. Und auch von der Story habe ich mir deutlich mehr versprochen, gerade weil die tatsächlich relevante Abspaltung der drei Hauptpfade extrem spät erfolgt und man bis dahin maßgeblich nur ein paar andere Dialogdetails erlebt. Nicht zuletzt ist die Sprachausgabe absolut unterirdisch und aufgrund des überspielten Schauspielens der reinste Drama-Killer. Und dennoch hatte ich in meinen etwas über 20 Stunden mit dem Spiel dermaßen viel Freude, dass ich direkt zu einer zweiten Runde mit einem komplett neuen Team ansetzte. Allein die unterschiedlichen Kampfstile und möglichen Ausrichtungen seiner Truppe motivieren ungemein zum Experimentieren und lassen schnell die Schwächen vergessen. Wenn euch der Sinn nach einem locker-flockigen Action-Rollenspiel mit spaßigen Fights und fiesen Bossgegnern steht, dessen Würze eher in seiner relativen Kürze liegt und auf mehrere Durchläufe ausgelegt ist, der sollte sich Trials of Mana unbedingt näher anschauen – und sei es zunächst mit der kostenlosen Demo im eShop, die bereits einen guten Eindruck vom Spiel vermittelt.
Mümmler-Bändiger: Tjark Michael Wewetzer [Alanar] für PlanetSwitch.de
Die nicht ganz saubere Wiedergeburt eines Klassikers: Ein kurzweiliges Action-RPG mit flotten Kämpfen und spannenden Bossfights, aber auch einer eher dünnen Story und fragwürdiger Sprachausgabe. |
Wertung
STORY:
6.0
SPIELWELT:
7.0
SPIELGEFÜHL:
8.0
75 von 100
Sechs wählbare Charaktere mit unterschiedlichen Kampfstilen und -klassen
Hoher Wiederspielwert dank unterschiedlicher Gruppenkonfigurationen
Flotte Fights mit packenden Bossgegnern
Liebevoll gestaltete Umgebungen und Monster
Astreiner Soundtrack
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Seichte Story…
…deren drei Pfade sich erst gen Ende merklich unterscheiden
Praktisch keine Nebenaufgaben
Lachhafte Sprachausgabe
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Wie werten wir?
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Spielname:
Trials of Mana
Typ:
Switch-Spiel
Jetzt Bestellen:
Zum Shop
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Publisher:
Square Enix
Developer:
Square Enix
Genre:
Rollenspiel
Release:
24.04.2020 (erschienen)
Multiplayer:
nicht vorhanden
Altersfreigabe:
Frei ab 12 Jahre
eShop Preis:
49,99 €
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Screenshots:
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