Herzlich Willkommen in Mara, einem weiten Meer voller wunderschöner Inseln, freundlicher Bewohner und reichlich Aktivitäten! Gut, eine Vielzahl von letzteren besteht aus Lieferaufträgen, aber wenn man denn schon ein Schiff zur freien Verfügung hat, kann man dieses auch gleich gewinnbringend nutzen. Tatsächlich steckt hinter dem eShop-Titel Summer in Mara noch mehr. Es ist nämlich auch eine niedlich aufgezogene Geschichte über Respekt sowie ein harmonisches Zusammenleben mit Nachbarn und der Natur. Und auch wenn der über Kickstarter finanzierte Indie-Titel aus dem Hause Chibig noch über einige auszubügelnde Schwächen verfügt und nicht ganz so geschliffen wirkt, wie es bei der Konkurrenz der Fall ist, kann ich nicht bestreiten, einige schöne Stunden auf hoher See verbracht zu haben.
Von Kleinauf ins Abenteuer Summer in Mara erzählt die Geschichte der kleinen Koa. Noch als Baby wurde sie auf hoher See von der alten Seefahrerin Yaya Haku aufgelesen und adoptiert, um dann auf einer friedlichen, kleinen Insel heranzuwachsen – zumindest bis Koa eines Tages auf sich allein gestellt ist und später auf ein mysteriöses Wesen namens Napopo trifft, welches sie um Hilfe bittet. Mit dem halbwegs restaurierten Boot von Haku macht sich Koa nunmehr auf, das nahegelegene Eiland Qälis – Handelszentrum von Mara – aufzusuchen und mehr über Napopo sowie Haku herauszufinden und dabei alle Inseln und Bewohner des Meeres Schritt für Schritt kennenzulernen. Dies geschieht in Form von laut Herstellerangabe über 300 Aufträgen, die in Wirklichkeit jedoch ziemlich kleinschrittig ausfallen. Quasi jedes kleine Gespräch, und sei es wirklich nur zur Informationsbeschaffung für den nächsten Schritt, wird als eigene Quest abgehandelt. Trotzdem sei gesagt, dass der Download-Titel nicht an Umfang vermissen lässt und allein die Hauptgeschichte bereits gute 15 bis 20 Stunden in Anspruch nehmen kann.
Wer sich allein auf die konzentriert, verpasst jedoch viele Details und Eigenheiten aus dem Leben der vielfältigen Charaktere des Spiels. So verhelft ihr dem Küchenchef-Sohn Bram dabei, dessen anspruchsvollen Vater von seinen eigenen Künsten zu überzeugen, oder lernt bei der Handwerkerin Akaji mehr über die Kunst der Metallverarbeitung. Viele der Figuren sind dabei zentral auf der Insel Qälis versammelt, von wo aus ihr nach ein paar Schiffs-Upgrades weitere Teile des Meeres erkundet. In der Regel fallen die Aufträge an sich übrigens ziemlich simpel gestrickt aus. Selbst wenn ihr mal nicht nur eine weitere Person ansprechen müsst, liefert ihr in der Regel irgendwelche Gegenstände ab, die entweder unterwegs aufgelesen oder auf der Heimatinsel hergestellt beziehungsweise herangezüchtet werden müssen. Koas Abenteuerreise hat in diesem Sinne mehr von einem inselübergreifenden Lieferdienst als etwas vom Kaliber eines Links aus The Legend of Zelda: The Wind Waker. Immerhin ganz nett dabei: NPCs mit Rang und Namen tauchen zufällig ausgewählt auch auf anderen Inseln auf, sodass trotz eines fehlenden geregelten Tagesablaufs zumindest nicht so wirken, als wären sie wirklich an ihre Heimat gefesselt.
Wenig los auf dem Hof
Darin zeigt sich aber auch eine verschenkte Chance: Auch wenn Summer in Mara über eine Ingame-Uhr mit Tag- und Nachtwechsel verfügt, wirkt sich die Uhrzeit auf erschreckend wenige Spielelemente aus – im Prinzip eigentlich nur Ladenöffnungszeiten. Selbst für die Arbeit auf Koas Insel ist die Tageszeit so ziemlich irrelevant, stattdessen wächst angebautes Gemüse entweder eine Stufe pro Tag oder springt eine Stufe weiter, wenn man es wässert. Auch die Tierpflege fällt im Vergleich zu ähnlich gearteten Titeln wie Story of Seasons stark versimpelt aus, kommen eure Zöglinge doch auch ganz gut ohne euer Zutun zurecht – sie werfen dann lediglich keine verkaufbaren Güter wie beispielsweise Hühnereier ab, die es erst nach einer bestimmten Anzahl von Fütterungen gibt. Da steckt wohlgemerkt auch ein System hinter, immerhin wäre es äußerst frustrierend, seinen Farmfortschritt aufgrund eines längeren Abenteuerausflugs zu verlieren, doch dadurch fühlt sich die Farmarbeit insgesamt eher nebensächlich an. Wenn ich nicht akut irgendwelche Objekte oder finanzielle Mittel benötigte, habe ich sie ohne irgendwelche spürbaren Nachteile vernachlässigt. Und das ist schade, denn durch freischaltbare Bauten und platzierbare Bäume gibt es durchaus Möglichkeiten, Koas kleine Insel zumindest ein wenig dem eigenen Geschmack entsprechend anzupassen.
Bleiben also nur noch die Abenteuer auf dem Meer. Nicht unähnlich dem zuvor erwähnten Zelda-Spiel ist die Welt von Summer in Mara in zahlreiche Planquadrate mit jeweils einer Insel aufgeteilt. Viele von ihnen wirken beim ersten Besuch womöglich nicht sonderlich eindrucksvoll, werden jedoch im späteren Spielverlauf für diverse Quests relevant. Atmosphärisch machen die Eilande aber auf jeden Fall einiges her. Von typischen Tropenstränden über Höhlenseen bis hin zu Vulkaninseln und sogar einem gruseligen Friedhof ist alles dabei, was die Entdeckerlaune fördert. Dass die Inseln trotzdem eher klein ausfallen, wiegt nur minimal. Vielmehr stört schon, dass die Planquadrate, anders als bei Zelda: The Wind Waker, von einem moderat langen Ladebildschirm getrennt werden und man so nicht unbedingt das Gefühl eines großen, zusammenhängenden Meeres erhält. Dass es dann in der Releasefassung auch keine Schnellreisefunktion gibt, macht Ausflüge quer über die Karte noch unangenehmer. Doch zumindest dieses Feature soll laut dem Team von Chibig noch später per Update nachgeliefert werden.
Kleine Komfortdefizite und andere Kinderkrankheiten
Kommende Updates nehmen sich hoffentlich auch noch anderen Baustellen an. So ist die Performance der Switch-Version von Summer in Mara im von mir maßgeblich gespielten Handheld-Modus zwar größtenteils gut, in bestimmten Gebieten wie beispielsweise der Vulkaninsel machen sich jedoch Ruckler bemerkbar. Dafür sieht das Spiel zumindest stimmig aus und weiß durch sein ausgefallenes Charakterdesign und die lebhaft gestalteten Umgebungen mit saftigen Wiesen und dicht bewachsenen Waldinseln zu gefallen. Die Steuerung fällt insgesamt auch ordentlich aus und Koa lässt sich unkompliziert über die Inseln scheuchen. Selbst die manuelle Auswahl der Werkzeuge wird euch in vielen Fällen dank cleverer kontextsensitiver Aktionen abgenommen, weswegen sich das landwirtschaftliche Element wunderbar eingängig spielt. Die Bedienung der Menüs hätte jedoch noch ein wenig Feinschliff vertragen könnte. So muss zur Navigation zwangsweise der Analogstick verwendet werden und will man etwa durch seine Quests blättern, kann man nicht etwa seitenweise durch Liste springen, sondern muss jeden Eintrag einzeln durchscrollen. Dass die Steuerkreuzrichtungen oben und unten zudem als Shortcuts für das Questlog und Inventar gelten, vergisst das Spiel ebenfalls zu kommunizieren – intuitiv ist die Belegung jedenfalls nicht.
Fazit: Tjark Michael Wewetzer [Alanar]:Zugegeben, auf den reinen Gameplay-Kern heruntergebrochen ist Summer in Mara leider alles andere als einmalig. Die vielen Quests sind extrem granular, bestehen fast ausschließlich aus einfachen Lieferaufträgen und auch das Leben auf dem inseleigenen Hof ist so simpel und nebensächlich, dass ich keinen großen Bedarf daran verspürte, mich mehr als nötig damit zu beschäftigen. Ferner wirkt die Tag- und Nachtmechanik auf mich eher aufgesetzt, da alle NPCs ohnehin weitestgehend an Ort und Stelle stehenbleiben. Und doch fesselte mich diese herzerwärmende Erzählung um die junge Koa, die das weite Meer von Mara erkundet und neue Freundschaften schließt, unweigerlich vor den Switch-Screen. Die Aufgaben werden nämlich dank der facettenreichen Charaktere selten wirklich eintönig und das Erkunden des Ozeans und seiner vielfältigen Inseln motiviert ungemein. Klar sind die Eilande abseits der Zentralortschaft Qälis eher klein gehalten, doch dieses Defizit machen sie durch ihre wohlige und teils auch unheimliche Atmosphäre wieder wett. Wenn euch der Sinn nach einem entspannten Ausflug zu hoher See steht und ihr euch nicht davor scheut, Lieferdienst zu spielen, findet ihr hier den idealen Sommerurlaub.
Sebastian Mauch [Paneka]:Das Wichtigste hat mein Kollege Tjark ja nun schon angebracht, doch konnte ich es mir als neugieriger Kickstarter-Unterstützer der ersten Stunde nicht nehmen lassen, auch ein paar Worte über das kleine Großprojekt loszuwerden. Ich wünschte es wäre andersherum, aber leider habe ich nicht viel Positives zu sagen, zumindest bisher. Verwöhnt von Stardew Valley und in hoher Erwartung dank der Ähnlichkeit zu Wind Waker, habe ich hier ehrlich gesagt etwas mehr erwartet, als einen in Sachen Gameplay substanzlosen Verschnitt aus beidem. Dass gerade das schlechteste Element vieler Rollenspiele hier das Kerngameplay ausmacht, nämlich stumpfe Fetch-Quests, ließ mich schon nach wenigen Stunden die Switch weglegen. Dennoch werde ich den Titel früher oder später durchzocken, in der Hoffnung, dass zumindest die knuffige Spielwelt und deren Zusammenhänge für genug Motivation sorgen. Und wo ich schon von dem geplanten Update lese: Liebes Team von Chibig, Koa ist nicht Super Mario, doch warum kann sie dann 5 Meter hoch springen und jede Klippe unbeschadet herunterrennen?
Postdienststelle und Landwirt: Sebastian Mauch [Paneka] und Tjark Michael Wewetzer [Alanar] für PlanetSwitch.de
Vielen Dank an Chibig für die freundliche Bereitstellung des Reviewcodes.
Leserwertung:
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Ausgelassene Abenteuer auf hoher See: Eine charmante Erzählung, die leider spielerisch flach ausfällt und sich größtenteils aus Lieferaufträgen zusammensetzt.