Kurztest:
Oceanhorn 2: Knights of the Lost Realm
Exklusivität: Einerseits eine gute Möglichkeit bestimmte Plattformen zu fördern oder durch die Bindung an eine Vertriebsplattform finanzielle Unterstützung bei der Entwicklung zu erhalten, andererseits jedoch einen schweres Kreuz. Seit gut einem Jahr ist Oceanhorn 2: Knight of the Lost Realm zwar schon auf dem Markt, fand jedoch durch die Bindung an den Aboservice Apple Arcade schlicht zu wenig verdiente Aufmerksamkeit. Wie auch beim Vorgänger diente das Spiel des recht kleinen Entwicklers Cornfox & Bros. dazu zu zeigen, was auf mobilen Plattformen mittlerweile technisch so möglich ist. Da die Switch bekanntermaßen in Sachen Grafikleistung Jahre zurückhängt, mussten natürlich gewissen Kompromisse gemacht werden. Warum Oceanhorn 2 allerdings dennoch eines der hübschesten Spiele auf der Nintendo Switch ist, das erfahrt ihr im folgenden Kurztest, also wie immer viel Spaß beim Lesen!
Eine Reise durch die Zeit
In der Handlung des Titels reisen wir zunächst erstmal stolze 1000 Jahre in der Zeit zurück, denn Knights of the Lost Realm erzählt und zeigt eine Welt, wie sie ein Millennium vor der überfluteten Welt des ersten Ablegers geartet war. Trotz der großen Zeitspanne gibt es jedoch trotzdem gewisse Parallelen und sogar Charaktere die im ersten Kapitel vertreten waren. Da wäre zum Beispiel der Hexenmeister Ganondorf Mesmeroth, den wir schon recht früh als Helden eines großen Krieges identifizieren, jedoch aus Gründen, die es erst zu erkunden gilt, auf die dunkle Seite der Macht wechselte. Auch die Schauplätze sind zum Teil an die damals noch aus der Top-Down-Ansicht betrachteten und recht stilisierte Spielwelt angelehnt. Im großen und ganzen fühlen sich die Umgebungen aber neu genug an, dass immer wieder Wow-Momente aufkommen.
Das liegt vor allem auch daran, dass man die Action nun gänzlich in der dritte Dimension gehoben hat. Gespielt wird nicht mehr aus der Vogelperspektive, sondern aus der dritten Person. Dabei spielt sich der Held insgesamt wie sein geistiges Vorbild Link, und generell sind die Anleihen aus The Legend of Zelda mehr als deutlich und quasi an jeder Ecke zu erkennen. So besteht etwa die ganze Handlung im Grunde nur daraus, drei heilige Stätten aufzusuchen und die heiligen Embleme der drei Völker in ihre Sockel einzulegen, um den bösen Widersacher abzuwehren. Nicht besonders originell, und dementsprechend auch eher zweitrangig und uninteressant. Manch einem mag das mittlerweile herzlich egal sein, doch mich enttäuscht es immer wieder aufs neue, wie sehr in der Spieleindustrie abgekupfert wird. Damals in der Schule habe ich abgeschriebenen Hausaufgaben wenigstens etwas eigenen Charakter verliehen, doch in Spielen wie bei der Oceanhorn-Reihe oder dem in Kürze erscheinenden Immortals Fenyx Rising fragt man sich schon, ob die Schöpfer überhaupt noch Kreativität oder ein Gewissen haben. Zwar machen die Spiele dank der erfolgreich etablierten Rezeptur immer wieder Spaß, doch sucht man die eigene DNA solcher Marken manchmal leider mit der Lupe. Wie wäre es zum Beispiel, hätte man sich bei Cornfox & Bros. statt für Menschen (Hylianer), Owrus (Ornis) und Kiemenvolk (Zoras) etwa für Menschen, ein Froschvolk und spektrale Wesen entschieden? Selbst die Embleme und Symboliken sehen teilweise aus wie 1:1 aus diversen Zelda-Titeln übernommen. Was sich im ersten Ableger erst andeutete, ist hier nun mehr als deutlich. Das ist einfach nur schade und verschwendetes Potenzial, da das Oceanhorn-Universum an sich mit der Lore ziemlich interessant wirkt.
Mal ab vom gerade bemängelten Blaupausen-Dasein, bietet das Spiel zum Glück auch eigene Stärken. Die mit Abstand Größte davon ist wie bereits angedeutet die Optik. Oceanhorn 2 kann sich ohne große Anstrengungen locker in Liga der hübschesten 3D-Welten auf der Switch einordnen. Zwar sind hier und da zur Performance-Einsparung Abstriche zur iOS-Version sichtbar, doch wurde scheinbar an den richtigen Stellschrauben gedreht, da die Spielwelt immer noch unfassbar detailliert und schön aussieht. Umso ärgerlicher ist es, dass sich gewisse Transit-Gebiete einfach nur belanglos und leer anfühlen. Teilweise stapft man nämlich durch Levelschläuche, in denen quasi nichts aufregendes passiert, wodurch sie sich wie simple Spielzeit-Strecker anfühlen. Dann gibt es jedoch Gebiete wie die Hauptstadt, die extrem vollgestopft mit Dialogen, Geheimnissen und Rätsels sind, dass es fast schon wieder zu viel des Guten ist und man sich schwer tut, den Überblick zu behalten. Hier muss sich die Reihe noch in eine gewisse Balance bringen. Weiterhin fühlt es sich selbst dort wo es etwas zu finden gibt, meistens nicht sonderlich lohnenswert an, da in Kisten und Schatztruhen quasi immer nur belanglose Gegenstände versteckt sind, die nach dem Öffnen schlichtweg in Münzen umgewandelt werden. Da macht es die Vorlage klüger und packt direkt die Währung in Form von Rubinen rein. So weiß man was man bekommt und ist nicht jedes Mal enttäuscht, wenn ein vermeintlich interessanter Gegenstand letztlich doch nur in einen Geldwert umgesetzt wird.
Gameplay und Technik
Holzig. Wenn ich mich für ein Wort entscheiden müsste, um das Gameplay von Oceanhorn 2 beschreiben zu müssen, dann wäre es holzig. Trotz der grafischen Pracht merkt man leider immer noch, dass das Gameplay oft unter dem Budget leiden musste. Animation sind zwar vorhanden, wirken aber nicht so geschmeidig wie bei anderen Vertretern der Spielegattung. Das macht sich vor allem bei Gesten und Mimik bemerkbar. Hier driftet das Spiel leider viel zu oft in das „Uncanny Valley“ ab. Das ist aber alles verschmerzbar und da das Spiel dafür fast immer seine Bildrate hält. Lediglich in weitläufigen Gebieten macht sich ein geringes Absinken in dieser 20-30-FPS-Zone bemerkbar, bleibt dabei aber stets gut spielbar. Ein weiteres kleinen Detail ist, dass Büsche, Krüge und Säcke nach dem Zerstören teilweise schon wenige Momente nach verlassen des Raumen wieder spawnen. Dabei geht eine gewisse Konsistenz verloren. Zwar kann so immer wieder recht flott seine Verbrauchsgüter aufstocken, doch fühlt man sich oft auch veralbert, wenn man einen Raum säubert, sich einmal im Kreis dreht und plötzlich alles wieder dasteht und man sich fragt, ob man hier schon war.
Ihr merkt schon, es fällt mir spürbar schwer bei Oceanhorn 2 positiv zu bleiben. Das ist zum Großteil einfach nur den teils unkreativen Designentscheidungen zu verdanken. Der Titel hat durchaus auch Stärken abseits der beispiellosen Grafik. So ist die sparsam verwendete Vertonung zum Beispiel recht solide, und die musikalische Untermalung weiß auch zu überzeugen. Im Laufe des Spiel wird dank diverser neuer Gegenstände wie einem Greifhaken oder Bomben (schon wieder alles sehr vertraut) das Gameplay gehörig erweitert und fühlt sich irgendwann auch wesentlich flexibler an. Das trifft auch auf die zuvor noch langweiligen und schlauchigen Levels zu, da man nun einfach verborgene Gebiete erkunden kann. Generell offenbart sich irgendwann, wie vollgestopft dieses an sich recht kleine Spiel doch ist. So kann man mitsamt Geschichte und Nebenbeschäftigungen locker seine 10 bis 20 Stunden im Spiel verbringen, was im Vergleich zum Vorgänger definitiv ein Upgrade ist. Da ich schon genug gemeckert habe, reden wir mal besser nicht mehr über das verwirrend intransparente Upgrade-System, und ziehen fix ein Fazit.
Fazit: Es hätte alles viel besser sein können, hätte man sich vor dem ersten Ableger dazu entschieden, dem Universum eine eigene Identität zu verleihen. Blendet man die schlicht zu offensichtlichen Anleihen in jedem Winkel mal aus, kann sich das Gebotene schon sehen lassen. Neben einer grandiosen ansehnlichen Spielwelt gibt es viele zu entdeckende Geheimnisse, eine tolle Atmosphäre und eine halbwegs zweckdienliche Lore. Dem gegenüber stehen allerdings auch markante Schwächen wie die holzigen Animationen, die inkonsistente Spielwelt, die sich immer wieder wiederholenden Gegner, sowie belanglose Funde in Truhen und ein schwache Geschichte. Trotz aller Schwächen zieht mich Cornfox & Bros. mit seinen Werken jedoch immer wieder in seinen Bann, was ich mir nur damit erklären kann, dass die Zelda-Formel einfach funktioniert. Wer also mit solcherlei Action-Adventures seinen Spaß hat, wird sich auch in Oceanhorn 2: Knight of the Lost Realm bestens zurechtfinden und bekommt für den Preis von 30 Euro mehr als genug Stoff geboten.
Blonder Held mit blauem Oberteil: Sebastian Mauch [Paneka] für PlanetSwitch.de
Vielen Dank an Cornfox & Bros. für die freundliche Bereitstellung des Reviewcodes
Eine der schönsten Spielwelten auf der Switch überhaupt, die jedoch auch von gewissen Designproblemen geplagt wird. |
Wertung
Atemberaubende Grafik
Einladende Spielwelt
Lange Spielzeit
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Teils fehlt die eigene DNA
Spielwelt teils mit belanglosen Gebieten und Inkonsistenzen
Verwirrendes Upgrade- und belangloses Herausforderungssystem
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Spielname:
Oceanhorn 2: Knights of the Lost Realm
Typ:
Switch-Spiel
Jetzt Bestellen:
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Publisher:
Cornfox & Bros.
Developer:
Cornfox & Bros.
Genre:
Action Adventure
Release:
28.10.2020 (erschienen)
Multiplayer:
nicht vorhanden
Altersfreigabe:
Frei ab 6 Jahre
eShop Preis:
29,99 €
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Screenshots:
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