Review:
Need for Speed: Hot Pursuit Remastered
Was realistisch angelegte Rennspiele angeht ist die Switch augenscheinlich bisher in den letzten Generationen hängen geblieben. Aktuelle Titel, die sich auch auf die Switch trauten, wie V-Rally 4, Moto-GP oder WRC 8 sind Nutzerwertungen zufolge nicht unbedingt gut gelungen. Alternativ gibt es noch die Smartphone-Racer wie die Asphalt- oder Gear.Club Unlimited-Titel. Und schließlich gibt es die remasterten Neuauflagen von Grid Autosport, Burnout Paradise Remastered und zuletzt Need for Speed: Hot Pursuit Remastered, welches in diesem Test unter die Lupe genommen wird.
Noch gut in Schuss oder bereits angerostet?
Ich hatte Hot Pursuit immer als ein gutes und simples Rennspiel ohne viel Schnickschnack in Erinnerung, weshalb ich in der PC-Version auch manche Stunden verbuchen konnte. Das ist allerdings schon einige Jahre her und in der Zwischenzeit habe ich manch andere Top-Rennspiele erlebt, welche meine Wahrnehmung dieses Genres beeinflusst haben. Mit der kürzlich erschienenen Switch-Version muss sich Hot Pursuit nun unter meinen aktuellen Standards erneut beweisen.
Wie schon erwähnt kommt das Spiel nicht mit viel Schnickschnack her, was bedeuten soll, dass sich das Gameplay hauptsächlich auf die Rennen konzentriert und die Autos deutlich im Hintergrund stehen, auch wenn alle DLC-Fahrzeuge in diesem Remaster enthalten sind. Denn hier besitzt man kein persönliches Fahrzeug welches man innerhalb einer Kampagne aufwertet, sondern wählt sich einfach eins vor jedem Event aus. Die Möglichkeiten zur Anpassung der Wagen ist auch nur auf die Farbe des Lacks beschränkt. In einem Patch soll immerhin noch ein Wrap-Editor nachgereicht werden. Die Fahrzeuge sind sogar schon von Anfang an mit Nitro ausgestattet – auch die Polizeiautos. Upgrades für die Performance und visuelle Komponenten wie zu den legendären Underground-Zeiten wird man hier vermissen. Stattdessen habe ich hier das Gefühl mir aus einem Autohaus einen Leihwagen auszusuchen. Dass bei der Fahrzeugauswahl noch ein Werbetext eingesprochen wird, hilft der Sache auch nicht unbedingt.
Aber in Ordnung, wenn der Fokus auf den Rennen selbst liegt muss eben damit überzeugt werden. Gefahren wird auf einer offenen Map, die fast ausschließlich aus Landstraßen besteht, welche durch verschiedene Areale wie Wüste, Wälder und Gebirge durchgehen. Drumherum wurden die entsprechenden Rennen platziert. Hier kann man schon nicht mehr so viel meckern, denn die Karte wurde abseits der Straßen ordentlich mit Passagen und Abkürzungen gewürzt, welche den Spieler noch weiter herausfordern. Mit ihnen kürzt man nicht nur die Strecke ab, sondern lädt gleichzeitig die Nitro-Anzeige auf. Dafür hingegen ist das Durchfahren der Abkürzung aber relativ riskant, da der Weg anspruchsvoller ist und ein Fehler den erhofften Vorteil direkt zunichte machen kann.
Wie auch in einigen NFS’ zuvor sind Verfolgungsjagden mit der Polizei ein fundamentaler Bestandteil des Gameplays. Das besondere Alleinstellungsmerkmal dieses Titels jedoch ist, dass man wie in der gleichnamigen Ur-Version Need for Speed III: Hot Pursuit auch auf der Seite der Polizei spielen kann. Gut, dass es dazu keine Story gibt, denn ein Straßenrennfahrer mit Kopfgeld auf Streife wäre mal die größte Handlungslücke überhaupt und das obwohl Need for Speed: Undercover existiert. Damit man sich in der Polizistenrolle nicht nur wie ein Rennfahrer in einem Sportwagen mit Blaulicht fühlt, hat man hier die gleichen Werkzeuge, die sonst immer gegen einen verwendet wurden. So ist man beim Ausschalten von Verkehrssündern nicht nur aufs brachiales Rammen angewiesen sondern kann auch Helikopter-Unterstützung anfordern und Nagelbänder abwerfen. Es tut gut bei diesen Dingern ausnahmsweise mal nicht auf der empfangenden Seite zu stehen. Weil dieses Equipment das Polizei-Gameplay verbessert, wollte man es den klassischen Renn-Events nicht vorenthalten, weshalb man als Rennfahrer seine eigenen Instrumente als Gegenmittel hat.
Hinter dem Steuer kommt die Ernüchterung
Für gewöhnlich braucht man in Rennspielen keine zusätzlichen Spielzeuge wie das Equipment der Cops, da man beim Steuern des Fahrzeugs durch die Kurven schon genug beansprucht ist. Man hat schließlich den optimalen Bremspunkt und Scheitelpunkt zu treffen und gelegentlich ist auch ein Überholmanöver mit drin. In Hot Pursuit aber muss man sich um Kurven keine besonderen Gedanken machen da man um jede noch so enge Kurve driften kann. Das ist aber keineswegs schlecht, denn auch ein guter Drift will gekonnt sein. Allerdings sind die Fahrten dadurch nicht sonderlich technisch anspruchsvoll. Stattdessen wird die meiste Zeit am Top-Speed gekratzt und man schleudert sich durch die Kurven, sodass man sich vorkommt als wäre man auf Schienen unterwegs. Aber auch das muss das Spiel nicht schlechter machen. Leider ist die KI der gegnerischen Fahrer nicht sonderlich schön anzusehen, da man hier mit extrem offensichtlichen Rubber-Banding zu tun hat. Manche meiner Rennsiege haben sich da schon teilweise unverdient angefühlt. Was allerdings wirklich ein Dorn im Auge, oder hier eher Sand im Getriebe, ist, ist das Handling. Also das Wichtigste an einem Rennspiel überhaupt. Dieses sollte nämlich immer so responsiv wie möglich sein, auch wenn das Fahrzeug an sich schlechtes Handling-Werte haben sollte. Handling sollte nämlich in erster Linie mit dem Wendekreis zu tun haben und nicht damit wie schnell das Fahrzeug auf die Steuerung reagiert. Bei Hot Pursuit hat man leider eine recht träge Steuerung, die sich anfühlt als wäre sie für Tastaturen optimiert worden. Klar kann man argumentieren, dass man bei 300+ km/h nicht erwarten kann super wendig zu sein, aber das gleiche Szenario findet man auch in Forza Horizon 4 und dort hat man nicht mit dem Handling zu kämpfen und das obwohl die Fahrphysik realistischer ist als in Need for Speed. Ich muss zugeben, dass Forza mich mit der nahezu klinischen Steuerung wohl verwöhnt und der Titel insgesamt meine Standards in Sachen Rennspielen gesetzt hat. Ich würde also sagen, dass das Fahrverhalten in Hot Pursuit Remastered nur bedingt mit dem heutigen Niveau mithalten kann.
Das „Remastered” im Titel hätte man auf den ersten Blick auch streichen können, da sich im Vergleich mit dem Original aus 2010 nichts bemerkbar verändert hat. Gerade die Switch-Version wäre auch fast als Port durchgegangen, da hier beim besten Willen keine 4k-Auflösung erwartet werden kann. Die 1080p-Auflösung scheint die Switch aber gut stemmen zu können. Es tauchen zwar gelegentlich Mikro-Ruckler auf, die sind aber einfach zu verkraften. Interessanterweise scheinen die Anzeige-Einstellungen in den Optionen die grafische Performance nicht zu beeinflussen. Es wäre Wünschenswert gewesen einige Quality-of-Life-Verbesserungen zu kriegen, wie beispielsweise kürzere Ladezeiten und vor allem kürzere Intro-Filme vor den Events. Ein Feature, das den Remaster-Titel zweifellos legitimieren würde, wäre ein lokaler Splitscreen-Modus. Das Online-Crossplay ist aber am Ende Grund genug weshalb man nicht zwingend von einem stumpfen Port sprechen muss.
Fazit:
Auf dem Papier ist Need for Speed: Hot Pursuit Remastered nach wie vor ein gelungener Racer. Auch wenn kein besonders starker Fokus auf die Autos selbst gelegt wurde, ist dafür die Action auf der Straße sowohl als Jäger und Gejagter umso größer. Mit Top-Speed durch die Landschaften zu düsen, eine Abkürzung nach der anderen zu nehmen und Equipment gegen die Gegner einzusetzen kann allein schon genug Spaß bieten. In der Ausführung kommt der Titel jedoch nicht mehr so gut in Fahrt wie damals in 2010. Denn leider kann das was an Rennspaß geboten wird nicht genossen werden wenn sich die Steuerung träge anfühlt. Ich würde wegen diesem Manko das Spiel aber nicht gleich als unspielbar abstempeln. Man kann mit dem überholten Handling durchaus einen Kompromiss machen wenn das Spiel für einen guten Preis vermarktet wird. Circa 40 Euro kommen meiner Meinung nach diesem Kompromiss aber nicht entgegen, vor allem nicht wenn man das wenig andere Original bis vor dem Release des Remasters praktisch hinterhergeworfen bekam. Zu doof, dass man scheinbar an diese Version nicht mehr herankommt.
Setzt den Helm wieder ab und gibt die Polizeimarke wieder zurück: Andy Dück [awieandy] für PlanetSwitch.de
Vielen Dank an EA für die freundliche Bereitstellung des Reviewcodes.
Der Klassiker wurde als Remaster frisch poliert, strahlt aber leider nicht mehr wie neu. |
Wertung
FAHRZEUGVERHALTEN:
3.0
FAHRZEUGAUSWAHL:
7.0
MULTIPLAYER:
5.0
44 von 100
Polizei-Events
Viele Abkürzungen
Super Soundtrack
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Starkes Rubber-Banding
Träge Steuerung
Kein lokaler Multiplayer
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Wie werten wir?
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Spielname:
Need for Speed: Hot Pursuit Remastered
Typ:
Switch-Spiel
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Publisher:
EA
Developer:
Criterion
Genre:
Racing
Release:
13.11.2020 (erschienen)
Multiplayer:
1-8 Spieler, online
Altersfreigabe:
Frei ab 12 Jahre
eShop Preis:
39,99 €
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Screenshots:
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