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Review: Live A Live

Tjark Michael Wewetzer, 10.08.2022

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Wer auf Rollenspiele japanischer Machart stand, blickte als europäischer Zocker zu SNES-Zeiten nicht selten neidisch in Richtung Japan oder USA. Viele Klassiker aus dem Hause Squaresoft (heute Square Enix) wie Final Fantasy IV und VI, Chrono Trigger oder Super Mario RPG blieben uns nämlich verwehrt und wieder andere Titel wie Treasure Hunter G oder Live A Live schafften es nicht einmal aus Japan raus. Gerade letztgenanntes Spiel bekommt nun jedoch eine unverhoffte neue Chance: Mit einem großen Remake im „frisch“ etablierten HD-2D-Stil, vertonten Dialogen und Übersetzungen in diverse Sprachen, darunter auch Deutsch. Dass der Kultklassiker, der zuvor nur mit Fanübersetzungen für Leute ohne Japanischkenntnisse spielbar war, so nun auch in offizieller Kapazität nach Europa gebracht wird, ist zweifelsohne löblich. Ob das ungewöhnliche RPG allerdings auch heute noch begeistert, durfte ich in meinem Spieldurchlauf herausfinden.

Ein epochales Abenteuer
Live A Live stellt euch zunächst vor die Qual der Wahl: Aus sieben Geschichten sollt ihr wählen, jede in einer anderen Epoche angesiedelt und von einem anderen Charakter bestritten. So könnt ihr etwa das Leben des aufbrausenden Höhlenmenschen Pogo in der Urzeit verfolgen, als Revolverheld Sundown the Kid eine Stadt vor einfallenden Banditen beschützen oder als Ninja Oboromaru ein mit Wachen gesäumte Schloss infiltrieren. Doch keine Bange, für den vollständigen Abschluss könnt und müsst ihr eh alle Handlungen angehen. Schließlich führt euer Savegame Buch darüber, welche Geschichten ihr beendet habt. Die Storys an sich fallen dabei aufgrund der schieren Menge natürlich im Schnitt kürzer aus. Manche Kapitel, wie das im Kampfspielstil aufgezogene Gegenwartsszenario um den Raufbold Masaru, lassen sich locker in unter einer Stunde bewältigen. Insgesamt ist man, je nachdem, wie gründlich man spielt, mit um die 20 bis 25 Stunden vergleichsweise fix mit allen Handlungen fertig. Das hat natürlich leider zur Folge, dass manche von ihnen nicht so stark ausgearbeitet wirken wie andere. Trotzdem funktionieren die Kurzgeschichten dank ihrer sympathischen Charaktere sowie der teils vielen versteckten Boni und ließen mich – ganz wie das Gesamtpaket auch – zufrieden zurück.

Bei einer dermaßen großen Szenariovielfalt wundert es nicht, dass sich die einzelnen Kapitel teils bedeutend anders spielen. Generell ist euer Bewegungsbereich überschaubar: Im Nahzukunftsabschnitt mit Gedankenleser Akira warten nur eine Hand voll Häuser in einer kleinen Nachbarschaft darauf, von euch besucht zu werden, wohingegen der kugelrunde Aushilfsroboter Würfel lediglich auf die Räumlichkeiten des Raumschiffs, in dem er sich befindet, beschränkt ist. Es gibt jedoch stets einen kleinen Kniff, der die Erfahrung anders macht. Der zuvor erwähnte Pogo verfügt beispielsweise über einen guten Geruchssinn und macht auf Knopfdruck Jagdbeute oder herumliegende Objekte aus, andernfalls läuft er in der Wildnis in keinerlei Kämpfe rein. Der Meister der Erdherz-Kampfkunst wiederum bildet über die erste Hälfte seines Szenarios drei aufgelesene Lehrlinge aus, indem er sie in Übungsgefechten auf die Matte schickt. Kombiniert mit der allgemeinen Kürze aller Geschichten kommt allein strukturell gesehen kaum Langeweile auf, nur wenige Kapitel überspannen den Bogen ein wenig aufgrund eines bestimmten Faktors.

Der Tanz auf dem Schachbrett
Die Kämpfe von Live A Live sorgten bei mir nämlich für gemischte Gefühle. Auf der einen Seite gefällt das zugrundeliegende Kampfsystem: Euer Team sowie die Gegner sind auf einem in quadratische Kacheln unterteilten Feld verteilt, während gut sichtbare Aktionsladebalken anzeigen, wer wann zum Zuge kommt. Ist eine eurer Einheiten an der Reihe, könnt ihr entweder direkt mit einer Angriffsaktion bzw. einem Item-Einsatz loslegen oder euch zunächst bewegen. Jeder Schritt lädt jedoch die Aktionsleiste anderer Figuren auf und sollte ein Gegner bereit sein, wird er seinen Zug ohne Rücksicht auf euch nutzen – zum Beispiel indem er euch einen fiesen Angriff reinwürgt. Allein dadurch kommt bereits ein gehöriger Schuss Taktik ins Geschehen und gerade die kampfspielartige Masaru-Story zeigt, wie spaßig das Spiel mit der Positionierung sein kann. Ebenfalls ungewöhnlich: Es gibt hier keine „normalen“ Angriffe. Alle Kampfhandlungen verfügen über besondere Eigenschaften und die einzigen Nachteile, die ihr beim Einsatz gelegentlich in Kauf nehmen müsst, sind weitere Wartezeiten bis zum Einsatz oder temporäre Werteschwächungen für eure Charaktere. Da verlorene Trefferpunkte nach Kampfende ebenfalls wieder aufgefrischt werden, braucht man sich also nicht großartig in Zurückhaltung üben und kann jederzeit die passenden Manöver aus dem Hut zaubern. Sind gewisse Feindformationen erst einmal durchschaut, schaltet man diese nicht selten in nur wenigen Handgriffen fachgerecht aus. Das macht durchaus Laune!

Leider sind einige der Szenarien mit für mein Gefühl viel zu vielen Kämpfen ausstaffiert worden. Klar, im Falle von Oboromaru, der potenziell massig an Gegnern ausschalten kann, lassen sich die meisten der Konfrontationen glücklicherweise umgehen, doch andere Hauptfiguren haben bedeutend weniger Glück dabei. Gerade die Geschichte um den Erdherz-Meister oder der im klassischen RPG-Stil aufgezogene Mittelalter-Part von Oersted fielen mir hier negativ auf – speziell weil letzterer häufige Zufallskämpfe ins Spiel bringt. Interessanterweise wurde die Kampfdichte im Vergleich zum SNES-Original bereits verringert, dennoch bekam ich das Gefühl, an einigen Stellen künstlich ausgebremst zu werden. Das schmerzt vor allem deswegen, weil die Gefechte von Live A Live im Schnitt nicht einmal sonderlich schwer sind. Selbst viele der Bosse lassen sich relativ unkompliziert auf die Matte schicken. Immerhin: Aus den meisten Kämpfen kann man zuverlässig fliehen und sobald die Gegner nicht mehr ausreichend Erfahrungspunkte ausschütten, beziehungsweise man ohnehin zu stark für alle Herausforderungen der aktuellen Gegend ist, muss man sich entsprechend nicht mehr unnötig Mühe machen.

So muss ein Remake aussehen!
Bei Triangle Strategy bemängelte ich noch, dass aus dem HD-2D-Look enttäuschend wenig gemacht wurde (zum Test) und nun kommt Live A Live und beweist mir, dass nicht einfach nur der anfängliche Wow-Effekt von Octopath Traveler erloschen ist. Der SNES-Titel wurde in optischer Hinsicht einmalig überarbeitet und begeisterte mich mit malerisch gestalteten Gebieten, die durch clevere Kamerafahrten richtig gut zur Geltung kommen. Die Animationen der detaillierten Pixelfiguren komplettieren den erstklassigen Gesamteindruck: Ob ulkige Freunde oder groteske Feinde, auf dem Schlachtfeld oder in der Landschaft – alle Charaktere werden perfekt zur Schau gestellt und speziell die wuchtigen Kampfanimationen oder gigantischen Endgegner können sich sehen lassen. Den neu eingespielten Soundtrack möchte ich an dieser Stelle natürlich auch nicht unerwähnt lassen, geht dieser – und insbesondere das wohl berühmteste Stück „Megalomania“ – doch direkt ins Ohr. Die deutsche Textübersetzung wiederum wurde gefühlt in der Nachbearbeitung etwas vernachlässigt. Hier und da finden sich Passagen, die entweder etwas schief klingen oder nicht zum Rest des Textes passen. Von diesen Patzern abgesehen ist die Geschichte jedoch insgesamt verständlich und mit reichlich Wortwitz und Charme ins Deutsche übertragen worden.

Fazit:
Wenn im kleinen Kreise gefeierte Kultklassiker endlich nach Jahrzehnten ein breiteres Publikum erreichen, ist nicht immer sicher, ob sie überhaupt noch gut ankommen. Schließlich hat sich im Bereich der Unterhaltungsmedien einiges getan und gewisse Elemente von Live A Live wurden von prominenteren Kandidaten gekonnt ausgebaut und verfeinert. Dennoch habe ich selten eine dermaßen abwechslungsreiche Sammlung von Kurzgeschichten erleben dürfen, die zudem trotz ihrer Vielfalt wie ein zusammengehöriges Ganzes wirkt. Klar waren mir manche Storystränge für meinen Geschmack etwas zu kurz, doch selbst diese bewirkten genau das, was sich die Schreiber bei ihnen gedacht haben. Dass die Entwickler bei all den unterschiedlichen Geschichtsstilen dann auch noch ein Kampfsystem gefunden haben, das nicht nur übergreifend gut funktioniert, sondern auch allgemein reichlich Laune macht, verdient besondere Anerkennung. Dass manche der Kapitel es mit der Anzahl an Kämpfen übertreiben, gefiel mir jedoch weniger. Es gab wenige Situationen, in denen ich ein langsam aufkommendes Gefühl der Erschöpfung verspürte. Und bei einem Spiel, das mich nur rund 20 Stunden beanspruchte, ist das kein gutes Zeichen. Ferner gab es eine Hand voll Situationen, bei denen ich mich fragte, wie man überhaupt auf diese Lösung kommen soll. Die Macher des Remakes versuchten zwar, dem mit Hinweisen im Ladebildschirm sowie anderen Anpassungen an der Umgebung ein wenig entgegenzuwirken, doch man merkt Live A Live an gewissen Stellen eben noch den old-schooligen Geist der Geheimniskrämerei an. Das sind jedoch beileibe keine K.O.-Kriterien für das Spiel. Wenn euch der Sinn nach einem etwas anderen RPG mit vielfältigen Mechaniken, abwechslungsreichen Szenarien und diversen feinen Überraschungen ist, sei euch Live A Live wärmstens ans Herz gelegt.

Beobachter der Weltgeschichte: Tjark Michael Wewetzer [Alanar] für PlanetSwitch.de

Vielen Dank an Nintendo für die freundliche Bereitstellung des Reviewcodes.

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Ein Kessel Buntes in RPG-Form: Abwechslungsreiche Geschichten, spaßige Kämpfe, einmalige Optik – so lässt man einen Klassiker neu aufleben!

Wertung

STORY:

8.0

SPIELWELT:

7.0

ABWECHSLUNG:

9.0
80
von 100

Vielfältige Geschichten

Abwechslungsreiche Gameplay-Stile

Durchdachtes Kampfsystem

Liebenswerte Charaktere

Einmalige Optik

Erstklassiger Soundtrack

Teils ermüdende Kampfdichte

Wenige arg kurze Szenarien

Seltene unintuitive Lösungswege

Gelegentliche Patzer in den deutschen Texten

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Spielname:
Live A Live

Typ:
Switch-Spiel

Jetzt Bestellen:
Zum Shop
Publisher:
Nintendo

Developer:
Square Enix/historia

Genre:
Rollenspiel

Release:
22.07.2022 (erschienen)

Multiplayer:
nicht vorhanden

Altersfreigabe:
Frei ab 12 Jahre

eShop Preis:
49,99 €

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